Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 5
zm 111, Nr. 5, 1.3.2021, (382) DYSGNATHIECHIRURGIE Komplexe Gesichtsrekonstruktion – digitale Planung und Umsetzung Ulrich Meyer, Bernd Hoffmann, Uta Schick Der Einsatz moderner digitaler Technologien eröffnet neue Möglichkeiten in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, insbesondere im Bereich der plastischen Gesichts- und Schädelchirurgie (computer-aided surgery). Viele dieser digitalen Entwicklungen stammen aus der Zahnmedizin. Der Zahnarzt und der Kieferorthopäde sollten diese neuen Möglichkeiten kennen, da sie in der interdisziplinären Zusammenarbeit bei solchen Patienten in der Regel beteiligt sind. Drei klinische Beispiele. Z iel des Einsatzes digitaler Tech- niken ist es, die Anzahl der Operationen zu verringern, die OP-Dauer zu verkürzen [Nilsson et al., 2020], eine bessere Kontrolle über das Behandlungsergebnis zu bekommen sowie das anvisierte OP- Ergebnis dem Patienten besser zu kommunizieren (visualisieren). Digi- tale Planungen und Umsetzungen finden heute schon sehr oft in der Kieferorthopädie, der Implantologie, der Prothetik und der Dysgnathie- chirurgie Verwendung, haben aber auch immense Vorteile in der Kranio- fazialchirurgie einfacher Schädelfehl- bildungen und sind von besonderer Bedeutung bei den seltenen komplexen syndromalen Schädel- und Gesichts- fehlbildungen [Meyer, 2020]. Zwei besondere Aspekte unterscheiden die „einfache Dysgnathie“ von der dysgnathen Situation bei schweren syndromalen Schädelfehlbildungen. Zum einen sind die Kieferverhältnisse bei schweren Fehlbildungen in einem Ausmaß dysgnath, dass nur mittels distraktions-osteogenetischer Maß- nahmen eine Regelokklusion zu er- reichen ist, zum anderen sind die Weichteilverhältnisse im Gesichts- und Schädelbereich defizitär, so dass zusätzliche Weichteilaugmentations- maßnahmen durchgeführt werden müssen. Durch die enge Interaktion von zahn- medizinischen Aspekten (als Wich- tigstes die Herstellung einer Regel- okklusion) und der gleichzeitigen Generierung einer funktionellen und ästhetischen Gesichts- und Schädel- form erfolgt der Workflow ähnlich anderen zahnärztlichen Vorgehens- weisen [Joda et al., 2017; de Riu et al., 2018]. „Workflow“ bezeichnet dabei die konsekutive Nutzung verschiede- ner digitaler Werkzeuge zur zahnärzt- lichen und kiefer- beziehungsweise gesichtschirurgischen Diagnostik und Planung von Behandlungen sowie zur klinischen Umsetzung (Abbildung 1). Die Durchführung solch komplexer Therapien basiert zum einen auf dem Einsatz digitaler Datengenerierung mit- tels Intraoralscanner, DVT und CT- Technologie sowie optischen Gesichts- PROF. DR. MED. DR. MED. DENT. ULRICH MEYER Kieferklinik Münster Zentrum für Implantologie, Zentrum für Kiefergelenkserkrankungen, Zentrum für Kiefer-, Gesichts- und Schädelfehlbildungen Schorlemerstr. 26, 48143 Münster Foto: privat Abb. 1: Schema der computer assisted surgery (CAS) Quelle: Ulrich Meyer, Kieferklinik Münster Schema der computer assisted surgery (CAS) 48 | ZAHNMEDIZIN
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