Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 6

zm 111, Nr. 6, 16.3.2021, (449) Verspieltes Vertrauen Wieder einmal hat am 3. März eine Bund-Länder-Runde getagt, um über die weiteren Pandemie-Maßnahmen zu beraten. Der Ton wird schärfer, die Nerven liegen in der Politik blank – und spiegeln damit die Gemütslage eines sicher nicht kleinen Teils der Bevölkerung wider. Der Lockdown wird bis mindestens Ostern fortgesetzt. Derweil rumpelt der Verkauf von Corona-Schnell- und Selbsttests so langsam an wie eine asthmatische Dampflok. Man werde den März noch für das Aufstellen einer umfassenden Teststrategie brauchen, ist von der Kanzlerin zu hören. Da reibt man sich wirklich verwundert die Augen. Nach dem lahmen Impfstart nun auch noch ein verstolperter Schnellteststart. Dabei soll doch beides zusammen den Weg aus der Pandemie ermöglichen. Jetzt haben wir einen Stufenplan, der allerdings nur milde Lockerungen vorsieht. Insbesondere der stark gebeutelte Einzelhandel und die Gastronomie müssen weiter leiden. Dabei gibt es dort teilweise durchdachte und umsetzbare Prozesse, die Öffnungen im kleineren Rahmen ermöglichen würden, ohne das Infektions- geschehen voranzutreiben. Die Zahnärzteschaft hat es ja vorgemacht: durchgängig geöffnet und kaum Infektionsfälle. Natürlich lässt sich ein zahnärztliches Hygienekonzept nicht eins zu eins auf andere Bereiche übertragen. Einzelne Maßnahmen können aber durch- aus als Anregung und zur Nachahmung dienen. Dass die Bevölkerung den Hygienemaßnahmen ihrer Zahnärzte vertraut, belegt eine aktuelle, repräsentative Umfrage der Bundeszahnärztekammer (BZÄK). Weniger Vertrauen herrscht aktuell zwischen der gematik und ihren Gesellschaftern. Die unabgestimmte Ver- öffentlichung des sogenannten Whitepapers durch die gematik hat bei den Minderheitsgesellschaftern (die Mehrheit hält ja mit 51 Prozent das Bundesgesundheits- ministerium), zu denen auch die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die BZÄK gehören, massive Verstimmungen ausgelöst. Das Ende Januar ge- streute Papier mit dem vollmundigen und vieldeutigen Namen Whitepaper „TI 2.0 – Arena für digitale Medizin“ befasst sich mit einer möglichen Zukunft der Telematik- infrastruktur (TI). Nachgedacht wird in dem Whitepaper insbesondere darüber, ob proprietäre IT-Lösungen wie der Konnektor künftig wegfallen und sich die TI-Nutzer in einem neuen System ohne elektronische Gesundheits- karte (eGK), elektronischen Heilberufsausweis (HBA) und SMC authentifizieren können. Vor dem Hintergrund, dass den Anwendern der TI, also unter anderem den Zahnärztinnen und Zahnärzten, mit viel Aufklärungs- Foto: Lopata/axentis und Überzeugungsarbeit der Nutzen der aktuellen TI nähergebracht werden soll, ist die Veröffentlichung die- ser Visionen ein Schuss vor den Bug der Gesellschafter. Ein Sturm der Entrüstung seitens der Zahnärzteschaft ließ auch nicht lange auf sich warten. Einige Stimmen finden Sie in diesem Heft. Aber nicht falsch verstehen, es ist durchaus Aufgabe der gematik, in die Zukunft zu denken und bestehende Konzepte weiterzuentwickeln. Nur sollte sie diese Gedankenspiele vor einer Veröffent- lichung mit ihren Gesellschaftern, die ja ihrerseits die TI-Anwender vertreten, abstimmen. Sonst wird mühsam hergestelltes Vertrauen verspielt. Wer Vertrauen in die Zukunft hat, traut sich auch etwas. Was frischgebackene Praxisgründerinnen und -gründer denjenigen raten, die diesen Weg noch bestreiten wollen, und welche Tipps sie ihnen mitgeben, können Sie in zm-starter lesen. Ein zentraler Baustein sind demnach gute Berater und ein tragfähiges Netzwerk, in das man vertrauen kann. In die Zukunft schaut auch die neue S3-Leitlinie zur Behandlung der Parodontitis der Stadien I bis III. Die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) hat in Zusammenarbeit mit 36 wissenschaftlichen Fachgesellschaften, der KZBV, der BZÄK die gesamte Therapiestrecke der Parodontitis der Stadien I bis III an das deutsche Gesundheitssystem angepasst und im Februar 2021 veröffentlicht. Wir stellen ausführliche Informationen zur neuen Leitlinie in fünf Autoren- beiträgen in diesem und den nächsten Heften vor. Viel Spaß bei der Lektüre. Sascha Rudat Chefredakteur EDITORIAL | 03

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