Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 7
zm 111, Nr. 7, 1.4.2021, (578) GRUPPENPROPHYLAXE IN DER PANDEMIE Warten auf den Re-Start Susanne Theisen Die Corona-Pandemie stellt die Gruppenprophylaxe vor große Herausforderungen. „Business as usual“ ist seit dem ersten Lockdown im März 2020 nicht mehr möglich. Die Akteure haben das vergangene Jahr genutzt, um sich pandemietauglich aufzustellen – und warten darauf, dass es endlich wieder flächendeckend losgeht. I m INA.KINDER.GARTEN Bülow- straße in Berlin putzen die Kinder trotz Corona regelmäßig gemein- sam Zähne. „Mundgesundheit und Mundhygiene sind ein fester Bestand- teil unseres pädagogischen Konzepts und waren auch nach Ausbruch der Pandemie schnell wieder ein fester Punkt im Tagesablauf unserer Grup- pen – natürlich in den vergangenen Monaten unter besonderer Berück- sichtigung des Infektionsschutzes“, erzählt Axel Luft-Landrock, Trainee in Ausbildung zur Kitaleitung. Dass jede Gruppe über ein eigenes Bade- zimmer verfügt, hat das Zähneputzen erleichtert. Das Gesundheitskonzept der Kita sieht auch regelmäßige Termine für die Gruppenprophylaxe vor. „In der all- gemeinen Verunsicherung zu Beginn der Pandemie haben wir die jedoch erst einmal abgesagt“, berichtet Luft- Landrock. „Aber dann meldete sich die für uns zuständige Prophylaxe- Fachkraft und fragte, ob sie kommen kann. Da die Hygienekonzepte auf beiden Seiten gut zusammenpassten, ging es im August 2020 mit einer ver- änderten Gruppenprophylaxe weiter. So wird zurzeit zum Beispiel nur eine Trocken-Zahnputzübung mit den Kindern gemacht.“ Das Beispiel zeigt, dass in der Pande- mie alle an der Gruppenprophylaxe beteiligten Parteien ihren eigenen Weg finden mussten. Dabei ergibt sich deutschlandweit ein sehr hetero- genes Bild. Welche Aktionen in Kitas und Schulen möglich sind, hängt unter anderem von regionalen Be- stimmungen und den Entscheidun- gen der jeweiligen Träger ab. So fand die Gruppenprophylaxe in manchen Einrichtungen zeitweise in vollem Umfang statt, in anderen war und ist sie nur reduziert möglich. Es kommt auch vor, dass Prophylaxe-Fachkräfte als Externe gar keinen Zutritt haben. GRUPPENPROPHYLAXE GEHT IN DER PANDEMIE VIELE WEGE Die Mitarbeitenden in der Gruppen- prophylaxe blicken aus diesem Grund auf ein ereignisreiches und durchaus dramatisches Jahr zurück. Normaler- weise erreichen sie 4,6 Millionen Kin- der und Jugendliche pro Jahr. Davon sind sie zurzeit wegen der Einschrän- kungen weit entfernt. Bettina Berg, Geschäftsführerin der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahn- pflege (DAJ), erinnert sich an den Beginn der Pandemie: „Im ersten Lockdown im März 2020 kam die Gruppenprophylaxe in der bekann- ten Form zunächst zum Erliegen. Das hat alle 380 Arbeitskreise der Landes- arbeitsgemeinschaften hart getroffen. Für viele Aktive war es schwer auszu- halten, dass ausgerechnet der Fokus ihrer Fürsorge – die Mundhöhle – plötzlich zum ‚ Gefahrengebiet‘ erklärt wurde.“ Die Fachkräfte im Öffentlichen Ge- sundheitsdienst (ÖGD), die in regio- nal unterschiedlichen Konstellationen Teil der zahnmedizinischen Gruppen- prophylaxe sind, teilen die Lockdown- Erfahrungen. Untersuchungen in Kitas und Schulen sowie Gruppenprophy- laxe im Setting durch die Beschäftig- ten im ÖGD waren und sind nach Aussage von Dr. Michael Schäfer, ers- ter Vorsitzender des Bundesverbands der Zahnärztinnen und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BZÖG), nur vereinzelt möglich. Dass Gruppenprophylaxe in der Pandemie nicht wie sonst möglich ist, machte sich auch beim Verein für Zahnhygiene (VfZ) bemerkbar, der die Aufklärung zur Mundhygiene, insbesondere zum Zähneputzen, mit Informationsmaterialien und Pro- dukten unterstützt. „Da Schulen und Kindergärten für lange Zeit geschlos- sen und dann nur im Notbetrieb offen waren, haben wir deutlich weniger Kinder erreicht“, berichtet VfZ-Geschäftsführer Dr. Christian Rath. Besorgniserregend sei vor allem die Rückmeldung vieler Kooperations- partner, dass in zahlreichen Ein- richtungen gar nicht oder nur noch trocken, ohne Zahnpasta, geputzt werde. „Dadurch üben die Kinder zwar die Bewegungen ein, was natür- lich gut ist, aber die Versorgung mit Fluorid entfällt. Wir hoffen, dass sich ANGEBOTE FÜR KINDER Der Verein für Zahnhygiene (VfZ) bietet viele Infomaterialien an, die die zahn- medizinische Prävention unterstützen. Adressat sind Kitas, Schulen und Eltern, aber auch Zahn- und Kinderarztpraxen. In der Mediathek des VfZ unter www. zahnhygiene.de stehen neben Comics auch Videos und Apps zum Abruf bereit. 24 | GESELLSCHAFT
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