Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 7

zm 111, Nr. 7, 1.4.2021, (606) Deutschland nicht zugelassen sind, beschränkt sich diese Übersicht auf die aktuelle Bewertung von zwei po- tenziell interessanten Ansätzen: Pro- biotika und mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren. Verbessert die zusätzliche systemische (orale) Verwendung von Probiotika das klinische Ergebnis? Probiotika sind „lebende Mikro- organismen, die – wenn in adäquaten Mengen verabreicht – dem Wirt ge- sundheitlichen Nutzen verschaffen“ [FAO/WHO, 2002]. Angenommen wurde, dass Probiotika die Ökologie von Mikro-Umweltnischen ändern und so eine etablierte Dysbiose dis- ruptiv beeinflussen können. Dadurch könnte sich wieder eine symbiotische Mikroflora etablieren und positive Interaktionen mit dem Wirt durch eine Vielzahl an Mechanismen (zum Beispiel Modulation der immun- inflammatorischen Antwort, Regu- lation von antibakteriellen Substan- zen und Verdrängung von potenziell parodontalen Pathogenen durch Nahrungs- und Raumwettkampf) unterstützen [Gatej et al., 2017]. Fünf placebokontrollierte RCTs (n = 176), die den zusätzlichen Effekt der Pro- biotika bei der subgingivalen Instru- mentierung untersuchten, wurden eingeschlossen. Die Metaanalyse zeigte, dass die Behandlung mit Pro- biotika im Vergleich zu Placebo zu einer größeren TST-Reduktion von 0,38 mm nach sechs Monaten führte. Der mittlere geschätzte Unterschied der TST-Reduktion zwischen Probio- tika und Placebo war statistisch nicht signifikant und nicht von klinischer Relevanz. Durch den Einsatz von Pro- biotika entstehen dem Patienten Zusatzkosten. Verbessert die zusätzliche Verwendung von mehrfach ungesättigten Omega-3-Fett- säuren das klinische Ergebnis? Die aktuelle Entdeckung von entzün- dungsauflösenden Lipidmediatoren [Serhan, 2017], von denen einige durch Metabolisierung der beiden mehrfach ungesättigten Omega-3- Fettsäuren (Omega-3 Polyunsaturated Fatty Acids, PUFAs) – namentlich Ei- cosapentaensäure (EPA) und Docosa- hexaensäure (DHA) – zu E- beziehungs- weise D-Resolvinen entstehen, weist auf das Potenzial essenzieller Nah- rungsergänzungsmittel mit PUFAs hin. Dies könnte ein adjuvantes, immunmodulatorisches Therapie- konzept für die nichtchirurgische Parodontaltherapie sein. Es gibt je- doch nur wenige Studien, die deren Effektivität in Studien am Menschen untersucht haben. Ausgewertet wurden drei placebokon- trollierte RCTs (n = 160) mit sechs- monatiger Einnahme von Omega-3- PUFAs. Die Heterogenität im Studien- design ließ keine Metaanalyse zu. Ein RCT untersuchte die Gabe von nied- rigdosierten Omega-3-PUFAs zweimal täglich für sechs Monate; eine zweite Studie hochdosierte Omega-3-PUFAs in Kombination mit Aspirin täglich für sechs Monate; in der dritten Stu- die wurde Omega-3-PUFAs zweimal täglich für sechs Monate verabreicht. Alle Studien dokumentierten die TST- Reduktion sechs Monate nach sub- gingivaler Instrumentierung. Die ge- testeten Präparate waren sicher und es wurden keine Nebenwirkungen dokumentiert. Durch den Einsatz von Omega-3-PUFA-Präparaten entstehen dem Patienten Zusatzkosten. Zum ak- tuellen Zeitpunkt verfügen wir nicht über genügend Daten, um die Nut- zung von Omega-3-PUFAs adjuvant zur subgingivalen Instrumentierung zu stützen oder zu widerlegen. 4. INTERVENTION: ADJUVANTE ANTISEPTIKA Verbessert die adjuvante Nutzung von Antiseptika das klinische Ergebnis? Um die gingivale Entzündung wäh- rend der Parodontaltherapie unter Kontrolle zu halten, wurde der ad- juvante Gebrauch von einigen Pro- dukten vorgeschlagen. Chlorhexidin- Mundspülungen wurden in diesem Zusammenhang häufig getestet und werden häufig in verschiedenen kli- nischen Szenarien eingesetzt. In den systematischen Übersichtsarbeiten des European Workshops wurde die Rolle von Antiseptika in der aktiven Parodontaltherapie nicht direkt adressiert. Jedoch gibt es einige Hin- weise zur Rolle von Chlorhexidin nach subgingivaler Instrumentierung [da Costa et al., 2017]. Es wurde des- halb eine konsensbasierte Empfehlung formuliert. ADJUVANTE CHEMISCHE MITTEL BEI SUBGINGIVALER INSTRUMENTIERUNG Konsensbasierte Empfehlung (2.13): Adjuvante Antiseptika, speziell Chlorhexidin-Mundspülungen, können – insbesondere dann, wenn die mechanische Plaque- kontrolle eingeschränkt oder unmöglich ist – für einen begrenzten Zeitraum, das heißt bis zur vollumfänglichen Wiederaufnahme der mechanischen Plaquekontrolle, zusätzlich zur subgingivalen Instrumentierung eingesetzt werden. Konsensstärke: einstimmiger Konsens Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK 2021] Empfehlungs- grad IMMUNMODULATORISCHE ADJUVANZIEN BEI SUBGINGIVALER INSTRUMENTIERUNG Evidenzbasierte Empfehlung (2.7): Probiotika sollten nich t zusätzlich zur subgingivalen Instrumentierung eingesetzt werden. Konsensstärke: einstimmiger Konsens Evidenzbasierte Empfehlung (2.11): Omega-3-PUFAs sollen nicht zusätzlich zur subgingivalen Instrumentierung verwendet werden. Konsensstärke: starker Konsens Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK 2021] Empfehlungs- grad 52 | ZAHNMEDIZIN

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