Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 7

zm 111, Nr. 7, 1.4.2021, (608) Es lagen keine Daten bezüglich BOP und Pocket Closure vor. Die geschätzte Effektgröße war um 10 bis 30 Prozent größer als bei ausschließlich mecha- nischer Instrumentierung bezüglich der TST-Reduktion. Nutzen-Risiko- Überlegungen bezüglich des Gebrauchs von Antibiotika müssen berücksich- tigt werden. Die hohen Kosten und die limitierte Verfügbarkeit der Pro- dukte in Deutschland müssen eben- falls berücksichtigt werden. 7. INTERVENTION: ADJUVANTE SYSTEMISCHE ANTIBIOTIKA Verbessern adjuvante systemisch verabreichte Antibiotika das klinische Ergebnis? Die Metaanalyse [Teughels et al., 2020] zeigt statistisch signifikant verbesserte Resultate für systemisch verabreichte Antibiotika zusätzlich zur subgingiva- len Instrumentierung. Dieser Effekt war nur bei einer begrenzten Anzahl von Antibiotika nachweisbar. Eine signifi- kante Verbesserung der TST-Reduktion wurde zum Sechs-Monats-Follow-up für Metronidazol (MET) und Amoxi- cillin (AMOX) beobachtet. Die adju- vante Gabe von MET+AMOX und MET resultierte in einem statistisch signifi- kant höheren prozentualen Anteil von „Pocket Closure“ nach sechs und zwölf Monaten. Statistisch signifikant höhere CAL-Gewinne und BOP-Reduktionen konnten ebenfalls nachgewiesen werden. Der zusätzliche Effekt von MET+AMOX auf TST-Reduktion und CAL-Gewinn war bei initial tiefen Taschen ausge- prägter als bei moderat tiefen Taschen. Es gibt keine relevanten Daten zum Langzeiteffekt (> 12 Monate) der sys- temischen Antibiotikagabe zusätzlich zur subgingivalen Instrumentierung. Der adjuvante Einsatz systemischer Antibiotika im Vergleich zur alleini- gen subgingivalen Instrumentierung zeigt einen geschätzten vergrößerten Effekt von etwa 40 bis 50 Prozent hin- sichtlich TST-Reduktion. Während die Kombination MET+AMOX die größten Effekte auf die klinischen Er- gebnisse aufwies, war diese Kombina- tion auch mit den häufigsten Neben- wirkungen verbunden. Globale Be- denken bezüglich der übermäßigen Anwendung von Antibiotika und der Entwicklung von Antibiotikaresisten- zen müssen in die Abwägung des Ein- satzes einbezogen werden. Nutzen- Risiko-Analysen beinhalten Über- legungen bezüglich des allgemeinen Antibiotikagebrauchs für den einzel- nen Patienten und die öffentliche Gesundheit. Systemische Antibiotika- gaben haben lang andauernde Aus- wirkungen auf das fäkale Mikrobiom gezeigt – einschließlich einer ver- mehrten Expression von Genen, die mit Antibiotikaresistenz assoziiert sind [Jepsen und Jepsen, 2016; Cassini et al., 2019]. Aufgrund von Bedenken bezüglich der Patientengesundheit und den Auswirkungen systemischer Antibiotikagabe auf die öffentliche Gesundheit wird die routinemäßige Gabe als Zusatz zur subgingivalen Instrumentierung nicht empfohlen. Basierend auf der verfügbaren Evidenz kann der adjuvante Einsatz in speziel- len Patientengruppen (zum Beispiel generalisiertes Stadium III/IV der Pa- rodontitis bei jungen Erwachsenen) erwogen werden (Abbildung 5). Die Leitliniengruppe betont, dass die für eine adjuvante Antibiotikatherapie infrage kommenden Patientenfälle in der Regel durch eine rasche Progres- sionsrate – oft in Abwesenheit von modifizierbaren Risikofaktoren – ge- kennzeichnet sind. Deshalb sollte die Behandlung dieser Hochrisikopatien- ten durch spezifisch fort- und weiter- gebildete Zahnärzte durchgeführt werden. Die Zugänglichkeit zu dieser Versorgung sollte für die Patienten verbessert werden. Mit der Wahl der Antibiotikasubstanzen, der begrenzten Dauer und der Limitation auf eine Hochrisikogruppe jüngeren Alters sind wichtige Prinzipien von Antibiotic Stewardship berücksichtigt, wie sie in den aktuellen internationalen und nationalen Leitlinien und Empfeh- lungen der WHO, des ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control), der Kommission ART (Anti- infektiva, Resistenz und Therapie) beim Robert Koch-Institut (RKI) ein- schließlich der deutschen S3-Leitlinie „Strategien zur Sicherung rationaler Antibiotika-Anwendung im Kranken- haus“ (AWMF-Register Nr. 092–001) beschrieben sind. \ ADJUVANTE SYSTEMISCHE ANTIBIOTIKA BEI SUBGINGIVALER INSTRUMENTIERUNG Evidenzbasierte Empfehlung (2.16): (A) Systemische Antibiotika sollen aufgrund von Bedenken bezüglich der Gesundheit des Patienten und den Auswirkungen systemischer Antibiotika auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung nicht routinemäßig zusätzlich zur subgingivalen Instrumentierung bei Parodontitispatienten eingesetzt werden. Evidenzbasierte Empfehlung (2.16): (B) Die adjuvante Verwendung bestimmter Antibiotika kann für bestimmte Patientengruppen mit nachgewiesener rascher Progression (z.B. generalisierte Stadien III/IV der Parodontitis bei jungen Erwachsenen) erwogen werden . Konsensstärke: starker Konsens Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK 2021] Empfehlungs- grad ADJUVANTE LOKAL APPLIZIERTE ANTIBIOTIKA BEI SUBGINGIVALER INSTRUMENTIERUNG Evidenzbasierte Empfehlung (2.15): Bestimmte lokal applizierte Antibiotika mit anhaltender Freisetzung können bei Parodontitispatienten zusätzlich zur subgingivalen Instrumentierung erwogen werden. Konsensstärke: starker Konsens Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK 2021] Empfehlungs- grad MEHR AUF ZM-ONLINE Hier finden Sie Teil 1 „Klinische Empfehl- ungen zur ersten Therapiestufe“ 54 | ZAHNMEDIZIN

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