Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 7

zm 111, Nr. 7, 1.4.2021, (610) PIONIERINNEN DER ZAHNMEDIZIN – TEIL 5 Gisela Schützmannsky – erste Professorin für Kinderzahnheilkunde an einer deutschen Universität Dominik Groß Gisela Schützmannsky (1920–2013) war die erste Dozentin und später auch die erste Professorin für Kinderzahnheilkunde an einer deutschen Universität. Was machte den Erfolg dieser in der DDR vielfach geehrten Zahnärztin aus? S chützmannsky (Abbildung 1) wurde am 29. Oktober 1920 in Annaberg im Erzgebirge als Gisela Werner geboren. 1 Sie war die Tochter des promovierten Philologen Paul Werner und seiner Ehefrau Ilse und wuchs mit ihrem älteren Bruder Arndt (1919–2009) auf. Paul Werner war als Studienrat für Latein am dor- tigen Gymnasium tätig, so dass Gisela Werner in einem humanistischen Umfeld groß wurde. Paul Werner konnte im Rahmen einer ausgedehn- ten Ahnenforschung belegen, dass die Familie in direkter Linie von Martin Luther abstammt; demnach gehörten Gisela und Arndt der 13. Generation nach Luther an. 2 Gisela Werner äußerte bereits mit zwölf Jahren den Wunsch, Zahn- ärztin zu werden. 3 Sie besuchte in Annaberg das Gymnasium, machte dort 1939 das Abitur und war an- schließend für sechs Monate im Arbeitsdienst in Neuschmölln bei Bischofswerda tätig. Es folgten sechs Monate an einer Haushaltungsschule in Dresden, bevor sie sich 1940 tat- sächlich an der Universität Leipzig für das Studium der Zahnheilkunde einschrieb. 4 Ihr Bruder Arndt studierte im Zweiten Weltkrieg Medizin, ge- langte im Zuge einer Kriegsgefangen- schaft nach Westdeutschland und war insgesamt 40 Jahre als Landarzt in Loccum in Niedersachsen tätig. Der Sohn von Arndt Werner, Hans- Martin Werner, sollte später ebenfalls Medizin studieren; er ist seit 2005 als hausärztlicher Internist in Lüneburg niedergelassen. 5 Gisela Schützmannsky absolvierte das Examen 1944 und erlangte anschlie- ßend die zahnärztliche Approbation. Sie hat ihrem Neffen zufolge im Zweiten Weltkrieg geheiratet und den Namen Schützmannsky angenom- men. Die Ehe wurde allerdings noch im Krieg geschieden. Schützmannsky heiratete kein weiteres Mal. Vielmehr nahm sie, so Hans-Martin Werner, „in Halle ihre Eltern auf und blieb kinderlos – sicher auch ein Tribut an die Anforderungen an eine ‚ weib- liche‘ wissenschaftliche Karriere da- mals“. 6 Anders als etwa bei Elsbeth von Schnizer (1900–1998) 7 und Herta Byloff-Clar (1914–2008) 8 war für Schützmannsky keine NSDAP- Mitgliedschaft nachweislich. 9 Im September 1944 promovierte Schützmannsky zur Dr. med. dent. – wiederum an der Universität Leipzig – bei Karl Scheer (*1898) 10 und dem Pathologen Werner Hueck (1882–1962) 11 . Ihre mit „gut“ bewer- tete Dissertation trug den Titel „Über- zahl und Unterzahl von Zähnen bei Jugendlichen“. 12 Von 1944 bis 1945 war sie als Praxisassistentin bei dem Zahnarzt Herbert Körner in Dresden und von 1945 bis 1946 bei dem Kollegen Hans Fährmann in Chemnitz tätig. 13 1946 wurde sie Zahnärztin an der Städtischen Schulzahnklinik Halle an der Saale, die damals der Zahn- und Kieferklinik der Universität Halle- Wittenberg angeschlossen war. Hier traf sie bald auf Erwin Reichenbach (1897–1973), der 1947 den Lehrstuhl und die Leitung der besagten Klinik übernahm. 14 DOKTORIN MIT 23, HABILITATION MIT 37 1951 und 1952 folgten Ernennungen zur Kreis- beziehungsweise Bezirks- jugendzahnärztin, und 1954 erhielt Abb. 1: Gisela Schützmannsky – mit freundlicher Genehmigung von Hans-Martin Werner 1 Dokumentensammlung Schützmannsky; Hübner/Müller (1990), 64ff.; Kleeberg (2013), 40; Künzel (2010), passim; Kürschner (1961–1976); Werner (2020); Zahnärztl. Nachr. Sachsen-Anhalt 6/9 (1996), 15, sowie 27/9 (2017), 7; 2 Dokumentensammlung Schützmannsky; Werner (2020); 3 Dokumentensammlung Schützmannsky; 4 Dokumentensammlung Schützmannsky; 5 Werner (2020); Dr. Werner Hausarztpraxis; 6 Werner (2020); 7 Groß (2021c); 8 Groß (2021d); 9 Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde, NSDAP-Mitgliederkartei (kein Eintrag ebenda); 10 Friederich (1968), 109; 11 Fischer (1932), Bd. 1, 669; 12 Schützmannsky (1944); Diemer (2013); 13 Dokumentensammlung Schützmannsky; 14 Groß (2020) 56 | GESELLSCHAFT

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