Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 7

zm 111, Nr. 7, 1.4.2021, (628) BZÄK-KONFERENZ DER HILFSORGANISATIONEN Die Patientenautonomie muss überall respektiert werden Im medizinischen Auslandseinsatz für Hilfsbedürftige werden alle helfenden Hände gebraucht. Doch trotz der Not sind auch dort ethische, moralische und rechtliche Aspekte bei der Behandlung zu berücksichtigen. Worauf die Helfer achten müssen, diskutierten unter anderen der Medizinethiker Prof. Dominik Groß und Prof. Andrew Ullmann von der FDP-Bundestagsfraktion bei der virtuellen Konferenz. I n Zeiten der Pandemie sind Hilfs- einsätze von sozialen Projekten und Organisationen nur sehr ein- geschränkt möglich. Umso wichtiger war der diesjährige Termin der Kon- ferenz der in- und ausländischen Hilfsorganisationen, initiiert von der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), um im Austausch zu bleiben – natürlich virtuell. Dr. Karsten Heegewaldt, Vor- standsreferent für Soziale Aufgaben und Hilfsorganisationen, betonte bei der Eröffnung die Hoffnung, „dass wir beim Impfen und bei der Entwicklung einer effektiven Test- strategie zügig vorankommen. Damit die engagierten Zahnärztinnen und Zahnärzte ihre ehrenamtliche Arbeit bald wieder im vollen Umfang auf- nehmen können.“ Im Zuge dessen adressierte er auch an die Politik, den Kampf gegen die Missstände nicht vorrangig und dauerhaft von ehrenamtlichen Helfern austragen zu lassen. „Die Pandemie verschärft soziale Ungleichheiten im Inland und in noch größerem Maße im Ausland, sie wirkt wie ein Brennglas“, sagte Prof. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. „Die Einschränkungen waren und sind ein großes Problem. Dennoch haben Zahnärztinnen und Zahnärzte in dem durch Corona sehr engen Rah- men geholfen, wo es möglich war.“ Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaft- liche Zusammenarbeit und Entwick- lung, Dr. Maria Flachsbarth (CDU), dankte in ihrer Videobotschaft den Helfern für ihren Einsatz und brachte es bereits eingangs auf den Punkt: „Die Pandemie kann nur weltweit be- siegt werden oder gar nicht!“ FÜR SELBST-MARKETING IST KEIN PLATZ Das zentrale Thema der Zusammen- kunft waren vor allem die ethischen Aspekte, unter denen deutsche Zahn- ärztinnen und Zahnärzte sowie Stu- dierende Hilfe leisten. Selbstverständ- lich müssten bei den Einsätzen in armen Regionen dieselben ethischen und rechtlichen Voraussetzungen berücksichtigt werden wie bei einer Behandlung in einer deutschen Zahnarztpraxis. Der Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin am Universitäts- klinikum Aachen, Prof. Dominik Groß, nannte beispielhaft die Wah- rung der Patientenautonomie. Mit Falldiskussionen veranschaulichte er, was sowohl die medizinischen Helfer vor Ort als auch die Berichterstattung im Anschluss berücksichtigen müssen. Zwei Punkte sind für Groß dabei zen- tral: Zum einen dürfe nicht der Ein- druck erweckt werden, dass Zahn- ärzte vor allem als Touristen in Kri- sengebieten oder ärmeren Ländern unterwegs sind. Ihre Person und ihre Geschichte sollten bei der Bericht- erstattung daher nicht im Vorder- grund stehen. Den Urlaubsaufenthalt selbst mit dem Hilfseinsatz zu verbin- den, sei aber grundsätzlich „nicht un- ethisch“, so Groß‘ Fazit. Der touris- tische Aspekt dürfe allerdings den Inhalt der medizinischen Hilfe nicht überlagern: „Der Bericht sollte die Rolle der Helfer und der Hilfsbedürf- tigen in angemessener Weise reflek- tieren und darstellen – auf der inhalt- lichen Ebene mit einer respektvollen Beschreibung der Ungleichheiten, sowie auf der sprachlichen Ebene wertschätzend formuliert“, erklärte er. Zum anderen erörterte der Medizin- ethiker den Einsatz und das Tätig- keitsspektrum von Zahnmedizin- studierenden bei Hilfseinsätzen. Die Rechtslage sei dabei klar: Nach §1 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde dürften nur appro- bierte Zahnärzte diese durchführen. Die Ausnahmen stellten eine Aus- bildungssituation im Sinne des § 7 ZApprO oder ein Famulaturverhältnis im Sinne von § 15 ZApprO dar. Wei- ter erlaube der Eingriff im Rahmen eines rechtfertigenden Notstands, also eines akut lebensbedrohlichen Univ.-Prof. Dr. mult. Dominik Groß, Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Universitätsklinikum Aachen, beleuchtete in seinem Vortrag die ethischen Grundlagen von Hilfseinsätzen. 74 | GESELLSCHAFT

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