Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 7
zm 111, Nr. 7, 1.4.2021, (629) Zustands, den Einsatz von Studieren- den. Doch auch, wenn es vor Ort nicht immer übersichtlich zugehe: Der übergeordnete Zahnarzt müsse sicherstellen, dass sich die Studieren- den in diesem rechtlichen Rahmen bewegen, und habe die Garanten- pflicht. Groß betonte: „Der hehre Wille zur Hilfe kann die zivilrecht- liche Haftung der Helfer nicht über- trumpfen.“ Um dem entgegenzuwirken, müsse auch vor Ort immer die Patienten- autonomie respektiert und der Aus- bildungsstand der Studierenden dar- gelegt werden, erklärte er weiter. Hierfür müsse grundsätzlich eine vollständige und verständliche Auf- klärung erfolgen, bei der es gelingt, die Sprachbarriere zu überwinden und eine Beziehung herzustellen. Das könne mit einem einheimischen Übersetzer, mittels Piktogrammen oder Aufzeichnungen in Lautschrift, mit der Gestik, Mimik und der Tonalität der Stimme geschehen. Außerdem seien gegebenenfalls Be- handlungsalternativen abzuklären. KEINE HILFE ZU LEISTEN IST UNMORALISCH Für die Einsätze gelte ebenfalls das Nichtschadensgebot. Dieses umfasse die arbeitstechnischen Rahmen- bedingungen – Instrumentarien, Ge- räte, Diagnostik, Hygiene, Einweg- artikel und die Stuhlassistenz. Aber eben auch das Wissen und die Erfahrung des Behandlers. „Studie- rende sollten nur gemäß ihrer Qua- lifikation und der geltenden recht- lichen Rahmenbedingungen einge- setzt werden“, lautet der Rat des Medizinethikers. Die Hilfe von Studierenden könne dazu beitragen, die zahnmedizinische Versorgung zu verbessern. Anderer- seits gelte jedoch auch: „Aufgrund reduzierter oder erschwerter diagnos- tischer Möglichkeiten und man- gelnder Routine besteht ein erhöhtes Risiko für fehlerhafte Diagnosen und Therapieentscheidungen.“ So dürften Patienten niemals instrumentalisiert werden, um das fachliche Wissen und die Skills zu verbessern. Und auch die Fairness-Kriterien müssten überprüft werden: „Ist die Belastung für den Patienten im angebotenen Setting angemessen und ist er in sei- ner Entscheidung frei? Verbessert die Einbindung von Studierenden in der Summe die Versorgung der Patienten? Sind umgekehrt die an den Studie- renden gestellten Erwartungen fair und angemessen?“ Unproblematisch sei der Einsatz der Nachwuchszahn- ärzte im Ausland bei der allgemeinen Anamnese und der vorbereitenden Aufklärung, bei Vorbehandlungen und Mundhygieneinstruktionen. DIE HERDEN-INTELLIGENZ KANN HELFEN Nicht jeder Helfer müsse eine me- dizinische Ausbildung haben, um einen Hilfsbeitrag zu leisten, erklärte Prof. Dr. Andrew Ullmann, der stell- vertretende Vorsitzende des Unter- ausschusses Globale Gesundheit des Deutschen Bundestags und selbst Arzt sowie Infektiologe. Er unter- strich in seinem Vortrag die Wirkung von Herden-Intelligenz – also die Kraft aus der Summe der Helfer, „wie eine mobilisierte Hilfe in der Masse“. Diese habe die Kindersterblichkeit in Teilen Afrikas verringert und bei der Prävention von Infektionskrankheiten wie Malaria, Aids und Tuberkulose geholfen. Ullmann wies im Zusammenhang mit der Pandemie auf die wachsende Ungleichbehandlung von Frauen und auf die Vernachlässigung von Kin- dern hin und lud die Organisationen und Helfer dazu ein, sich auf der Plattform globalhealthhub.de anzu- melden und hier zu vernetzen. LL Prof. Dr. Andrew Ullmann, MdB und stellver- tretender Vorsitzender des Unterausschusses Globale Gesundheit des Deutschen Bundes- tags, berichtete auch von seinen Einsatz- erfahrungen. Für ihn zählt die Hilfe der Masse, um die Fläche in den Hilfsregionen zu erreichen. Dr. Maria Flachsbarth, MdB und Parlamenta- rische Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, betonte in ihrem Grußwort, dass nur eine weltweite Pandemie-Bekämpfung Sinn macht. Fotos: BZÄK Prof. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK, eröffnete die Online-Konferenz mit zahlreichen Vertretern der sozialen Organisa- tionen. „Die Pandemie verstärkt die soziale Ungleichheit dramatisch.“ Dr. Karsten Heegewaldt, Vorstandsreferent für Soziale Aufgaben und Hilfsorganisationen, äußerte die Hoffnung, „dass wir beim Impfen und bei der Entwicklung einer effektiven Test- strategie zügig vorankommen. GESELLSCHAFT | 75
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