Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 7

zm 111, Nr. 7, 1.4.2021, (631) Regel die stationäre Überwachung eingeleitet [Heim et al., 2020]. Unter- stützende intravenöse Antibiotika- therapien werden in diesen Fällen oftmals durchgeführt, um die syste- mische Reaktion der Infektion ein- zudämmen. Zunächst werden hier kalkulierte Präparate eingesetzt, bis eine Erregerbestimmung und die Anfertigung eines Antibiogramms etwaige antibiotikaresistente Erreger identifiziert und die antimikrobielle Therapiestrategie angepasst wird. Die prompte Durchführung der chi- rurgischen Therapie verhindert meist septische Verläufe und die Ausbrei- tung in besonders sensible Gewebe (Orbita, Mediastinum, Wirbelsäule oder Neurokranium) sowie die Ver- legung der Atemwege, die zu vital bedrohlichen Komplikationen führen kann [Heim et al., 2019]. Es folgt die regelmäßige Spülung der Abszess- höhle mit desinfizierenden Lösungen (zum Beispiel Betaisadona) (Abbil- dung 5). ANTIBIOTIKARESISTENZEN UND MIKROBIELLES SPEKTRUM Die bakterielle Flora odontogener Abszesse ist eine Mischflora, beste- hend aus aeroben, fakultativ anaero- ben und strikt anaeroben Keimen. Meist ist es nicht einfach, aus dem Erregergemisch einen bestimmten Keim zu isolieren, der als Abszess- auslöser eindeutig zu identifizieren ist. Die Unterscheidung zwischen Begleitflora und Erregern lässt sich in vielen Fällen nicht eindeutig vor- nehmen. Als häufige aerobe Erreger sind gram- positive Kokken wie Strepto- und Staphylokokkenstämme anzutreffen. Zusätzliche Erreger wie Enterococcus faecalis, Klebsiella species, Neisseria species, Capnocytophaga gingivalis, Lactobacillus species, Actinobacillus actinomycetemcomitans und Eike- nella corrodens sind ebenfalls häufig nachweisbar [Heim et al., 2020]. Die häufigsten anaeroben Keime sind Prevotella species, Peptostreptococcus und Porphyromonas species. Neben Veillonella sind weitere regelmäßige Vertreter Bacteroides und Fusobacte- rium species. Die einzelnen Erreger scheinen dabei topografiespezifisch aufzutreten. Die Zahnoberfläche wird insbesondere von Aktinomyceten sowie Strepto- Abb. 2: Perimandibuläre Schwellung links mit deutlicher Rötung, Schwellung und Druckdolenz: Der Unterkieferrand ist nicht mehr durchtastbar, somit bedarf es einer extra-oral-cervikalen Abszess- eröffnung. Abb. 3: Eingriff in oraler Intubations- narkose: Zustand nach Eröffnung circa zwei Querfinger breit unterhalb des Unterkieferkörpers, Präparation bis unter das Periost, Drainierung der Abszesshöhle über angenähtes Röhrchen Foto: MKG, Universitätsklinikum Bonn Foto: MKG, Universitätsklinikum Bonn Foto: MKG, Universitätsklinikum Bonn Abb. 4: Annaht eines Plastik- röhrchens, das im Lumen der Abszesshöhle liegt und die Drainage sichert ZAHNMEDIZIN | 77

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