Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8

zm 111, Nr. 8, 16.4.2021, (682) und zeitintensiver macht“, erzählt Happ. Neben Raumlüftern, PCR- Schnelltests und Fiebermessung, wird besonders auf die Einhaltung der AHA-Regeln geachtet. Der UVC- Luftentkeimer darf aufgrund der Strahlenbelastung nur in den Arbeits- pausen angeschaltet sein. Bevor Happ vor ungefähr vier Jah- ren einem Aufruf der PoG im Ham- burger Zahnärzteblatt gefolgt war, hatte er sich zehn Jahre lang bei den Dentists for Afrika e.V. engagiert. Hier arbeitete er bei vielen Hilfsein- sätzen leitend mit. „Es ist gut, besonders Bedürftigen in der weiten Welt zu helfen, aber die Not ist auch in Deutschland vorhanden und gewachsen. Mit der Praxis ohne Grenzen können wir den Bedürfti- gen hier direkte Hilfe anbieten, die sie brauchen“, macht Happ klar. DIE DANKBARKEIT DER PATIENTEN IST GROß In Erinnernung bleiben ihm etliche Begegnungen. „Ein Patient kam mit einem herausgelösten Frontzahn zu uns, der schon sehr lange „zur Deko- ration“ locker in der Alveole steckend von Lippe und Zunge gehalten wur- de. Ihm haben wir die Möglichkeit von herausnehmbarem Zahnersatz erklärt“, schildert Happ einen Fall, den den er nicht vergessen konnte. „Da ihm seitlich auch Zähne fehlten, haben wir auch hier ZE für ihn ange- fertigt.“ Die Arbeit in der PoG zeich- net sich aus seiner Sicht dadurch aus, dass die Patienten sehr dankbar dafür sind, endlich von ihren Schmerzen befreit und zahnärztlich versorgt worden zu sein. „Die Ärzte hier geben mir das Gefühl, auch ohne Papiere ein Mensch zu sein,“ bestätigt ein Patient. ak PRAXIS OHNE GRENZEN 2014 eröffnete Prof. Peter Christoph Ostendorf die Praxis ohne Grenzen (PoG) in Hamburg, um Menschen medizinisch zu behandeln, die durch das Raster der deutschen Krankenversicherung fallen – meist wegen Obdachlosigkeit, illegalem Aufenthaltsstatus oder finanziellen Notlagen. Zur PoG kommen auch viele Kinder und schwangere Frauen, die sonst keine medizinische Versorgung bekommen würden. Zu Beginn fanden die kostenlosen Behandlungen nur in drei Räumen und in den Fachrichtungen Inneres, Dermatologie, Gynäkologie und Kindermedizin statt. Aufgrund der hohen Nachfrage gründete sich 2015 der Verein, und die Praxis wurde auf 12 Räume, 320 m², ausgeweitet. Insgesamt bietet die PoG heute Behandlungen in zehn Fachrichtungen an, unter anderem in Zahnmedizin, Augenheilkunde, HNO, Chirurgie und Orthopädie, darüber hinaus gibt es eine Sozialberatung. In der Praxis arbeiten 52 Ärzte, 15 Krankeschwestern, zwei Dolmetscher und eine Sekretärin ehrenamtlich. 2019 wurden hier über 6.000 Menschen behandelt. Ähnlich große Projekte gibt es nur in Berlin und Mainz. Der Verein finanziert sich ausschließlich durch Spendengelder, Förderer, Stiftungszuwendungen und Preisgelder. Für seine ehrenamtli- che Arbeit und sein Engagement wurde das Projekt mehrfach ausgezeichnet. Im vergangenen Jahr erhielt es den startsocial-Bundes- preis, der durch Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich überreicht wurde. Jeden Mittwoch kommt es ab Mittag zu langen Warteschlangen vor der Praxis. Termine werden nicht vergeben, um Streit zu vermeiden. PoGI 24 | GESELLSCHAFT

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