Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8

zm 111, Nr. 8, 16.4.2021, (661) Schrecken ohne Ende? und -chefs wahrlich nicht. Evidenz und vielfältige wissenschaftliche Beratung werden dabei gerne forsch ausblendet. Als „Landesvater/-mutter“ muss man schließlich Handlungsfähigkeit beweisen – zumindest muss es danach aussehen, vor allem im Superwahljahr. Diese föderale Flickschusterei mit ihrem ständigen Wechsel an Klein-klein-Maßnahmen sorgt aber auch bei Menschen, die diese bisher brav befolgten, zunehmend für einen Fruststau. Wird seitens der Politik weiter so agiert, steht leider zu befürchten, dass aus dem einen Schreckensjahr für uns alle auch gut zwei werden können. Lichtblicke in diesen Tagen zu finden, fällt nicht ganz einfach. Für die Zahnärzteschaft gab es in der letzten Zeit zumindest gewisse positive Signale. An dieser Stelle sei der „Pandemiezuschlag“ für die Vertragszahnärztin- nen und -zahnärzte in Höhe von insgesamt 275 Millio- nen Euro, den die Kassenzahnärztliche Bundesvereini- gung (KZBV) mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) ausgehandelt hat, genannt. Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) wiederum konnte sich mit dem PKV-Verband und Beihilfe von Bund und Län- dern auf eine erneute Verlängerung der Corona-Hygiene- pauschale bis zunächst zum 30. Juni 2021 verständigen. Natürlich ist Geld nicht alles, aber letztlich zahlt sich für die Zahnärzteschaft aus, dass sie die zahnmedizinische Versorgung das Pandemie-Jahr hindurch trotz aller Wid- rigkeiten stoisch aufrechterhalten hat. Sie wird dies auch weiterhin tun. Vielleicht ist dies die beste Lebens- und Arbeitshaltung: Sich nicht von den Unsicherheiten um einen herum un- nötig kirre machen lassen und einfach seine Arbeit tun. Irgendwann geht schließlich auch das längste Schreckens- jahr einmal vorbei. In diesem Sinne. Sascha Rudat Chefredakteur Annus horribilis – so nannte Queen Elisabeth vor knapp 30 Jahren ihr persönliches Schreckensjahr. So ein Jahr, in dem sich die Schicksalsschläge scheinbar häufen, dürfte fast jeder schon einmal erlebt haben. Kollektive Schreckensjahre hingegen sind zum Glück die Ausnahme. Das Corona-Jahr kann man dazu zählen – wobei der Schrecken natürlich individuell höchst unterschiedlich ausgeprägt ist. Betroffen sein dürfte aber so gut wie jeder – zumindest von Entbehrungen und Ein- schränkungen. Psychologen, die die Folgen analysieren, haben derzeit Hochkonjunktur. Sehr häufig ist in ihren Aussagen zu hören, dass Menschen in entbehrungsrei- chen Zeiten ein Ziel brauchen, auf das sie sich fokussie- ren können. Stichwort Prinzip Hoffnung. Denn der Mensch sei für dauerhafte Ungewissheit nicht gemacht. Die Politik ihrerseits scheint alle Hoffnung auf die Corona- Impfungen zu legen. („Impfen, impfen, impfen“, sagt Kanzlerin Angela Merkel). Nur wann eine entsprechende Impfquote erreicht sein wird, um die Pandemie zu stop- pen, ist ebenso offen, wie die Frage, wie es dann weiter- geht. Normales Leben oder weiterhin Abstand, Masken und Schnelltests? Zumal die Impfkampagne durch den Hickhack um den Impfstoff von AstraZeneca, der jetzt neuerdings Vaxzevria heißt, einige herbe Rückschläge erlitten hat – ganz zu schweigen vom Vertrauensverlust in die Impfstoffe allgemein. Eine Bekannte, die als Erzie- herin kürzlich die Erstimpfung mit AstraZenca, Verzei- hung Vaxzevria, erhalten hat, sorgte sich in den Tagen nach der Impfung nicht wenig um die bekannt geworde- ne Thrombosegefahr und blickt nun mit einem unguten Gefühl auf die Zweitimpfung mit einem anderen Vakzin. Schön ist das alles nicht. Wie plan- und hilflos die Politik dabei inzwischen agiert, zeigt exemplarisch dieser Tage CDU-Chef Armin Laschet, der, nachdem er sich über Ostern gut fünf Tage zum Nachdenken zurückgezogen hatte, mit dem famosen Schlagwort „Brücken-Lockdown“ vor die Kameras trat. Diese Worthülse – ähnlich inhaltsleer wie die zuvor von der Kanzlerin ausgerufenen und schnell wieder zurückge- zogenen Oster-Ruhetage – lässt wohl auch den Wohlmei- nendsten rat- und fassungslos zurück. Nun bin ich kein Ingenieur, aber so viel verstehe ich von Statik, dass man, um eine tragfähige Brücke bauen zu können, zumindest einen Anfangs- und einen Endpunkt braucht. Brücken- bau ins Ungewisse, wie von Laschet vorgeschlagen, ist eine ziemlich bescheidene Idee. Man sollte meinen, dass es Berater gibt, die ihre Chefinnen und Chefs davon ab- halten, derartige „Ideen“ nach außen zu tragen. Aber an Ideen, welche Maßnahmen denn nun die richtigen für „ihr“ Bundesland sind, mangelt es den Länderchefinnen Foto: Lopata/axentis EDITORIAL | 03

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