Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8

zm 111, Nr. 8, 16.4.2021, (688) über kleinere chirurgische Eingriffe in der Vorgeschichte, eine Hypothyreose und einen Nikotinabusus von 50 Packungsjahren. Aufgrund der klinisch nicht eindeutig zuzuordnenden Pathologie wurde zur weiteren Diagnostik eine Sonografie durchgeführt. Hier zeigte sich ein zystisch imponierender Befund von 1,7 cm x 1,5 cm mit dorsalem Schall- schatten. Eine Magnetresonanztomo- grafie (MRT) des Kopfes und Halses schloss sich zur radiologischen Korre- lation und zum Ausschluss einer Multilokularität oder eines malignen Befunds an. Sie zeigte eine hyper- intense ovuläre homogene T2-Signal- intensitätsanhebung im oberfläch- lichen anterioren Lappen der Glan- dula parotis links mit einem Durch- messer von 14 mm und einer nodu- lären randständigen Kontrastmittel- anreicherung, so dass ein maligner Befund vermutet werden musste (Ab- bildung 2). Einige weitere ovuläre T2-Signalintensitätsanhebungen be- fanden sich außerdem dorsocaudal der Glandula parotis in Level II A und B sowie in Level V. In Anbetracht des radiologischen Befunds wurde der Verdacht auf ein Malignom der Glan- dula parotis links mit Lymphknoten- metastasen im Level II A und B sowie suspekten Lymphknoten in Level V A links gestellt. Biopsie und Enukleation Aufgrund des klinisch und radiolo- gisch uneindeutigen Befunds wurde die Indikation zur Probenentnahme gestellt. Hierbei sind grundsätzlich zwei Optionen möglich und anhand deren Vor- und Nachteile mit dem Patienten zu besprechen. Eine Stanz- biopsie als wenig invasive Methode mit höherer Fehleranfälligkeit auf- grund der geringen und gegebenen- falls nicht ausreichenden oder nicht repräsentativen Gewebeprobe muss gegenüber der invasiven vollständigen Exzision, hier im Sinne einer lateralen Parotidektomie, abgewogen werden. Insbesondere die Gefahr der Parese von Ästen des Nervus facialis veranlasste den Patienten im vorliegenden Fall zur Wahl der Stanzbiopsie – auch unter dem Risiko eines Progresses durch Verzögerung der vollständigen Exzision des potenziell malignen Befunds. Die Entnahme der Stanz- biopsie wurde in Vollnarkose durch- geführt. Hierbei entleerte sich bei Punktion reichlich klare Flüssigkeit. Die anschließende histopathologische Aufarbeitung ergab jedoch keinen weg- weisenden Befund, so dass schließ- lich die Indikation zur lateralen Paro- tidektomie gestellt wurde. Der Zugang erfolgte über eine präauri- kuläre Schnittführung mit Extension nach zervikal (Abbildung 3). Unter Monitoring des Nervus facialis wurde der laterale Anteil der Drüse sorgfältig von den Nervästen präpariert. Hierbei zeigte sich eine zystische, teils knor- pelig umbaut wirkende Struktur, aus der sich nach Eröffnung klare Flüssig- keit entleerte. Die Entnahme gestaltete sich aufgrund der Verwachsung mit dem umgebenden Drüsengewebe schwierig. Um auch die radiologisch kaudaler – einmal lateral und einmal medial des Musculus sternocleidomas- toideus – gelegenen Raumforderun- gen entfernen zu können, wurde die Präparation nach zervikal ausge- weitet. Auch hier zeigten sich flüssig- keitsgefüllte, zystische Strukturen. Aufgrund der anatomischen Nähe zur Arteria carotis und zum Nervus accessorius ebenso wie der bisher nicht gesicherten Differenzierung zwischen einem benignen und einem malignen Geschehen wurde die Ent- scheidung zur Enukleation gegenüber einer radikalen Resektion gestellt. Der Verschluss der Wunde erfolgte unter Anlage einer Rauch-Plastik – einer Mobilisation von Teilen des Musculus sternocleidomastoideus und Rotation in den Defekt zur Deckung des frei- liegenden Speicheldrüsengewebes und Prävention des Frey-Syndroms. Histologie zeigt Proliferation In der anschließenden histopatho- logischen Aufarbeitung zeigte sich ein in Speicheldrüsengewebe liegen- des fibrosiertes Areal mit perifokaler entzündlicher Infiltration und zen- traler zystischer Erweiterung, aus- geschlagen mit einem solide wach- senden Proliferat mit zum Teil spindelzelliger Morphologie, pleo- morphen Kernen und prominenten Nukleolen. In der immunhistoche- mischen Untersuchung wiesen die Zellen eine kräftige Anfärbung mit Antikörpern gegen Panzytokeratin, Zytokeratin 5/6, Zytokeratin 7, p40 sowie p53 auf, während der Nachweis von SM, Aktin, CD68, CD117 und S100 bei positiver interner Kontrolle negativ blieb. Anhand des Ki67-Index konnte eine stark gesteigerte Prolife- ration nachgewiesen werden. Diese Manifestationen eines solide, teils spindelzelligen Proliferats passte ent- sprechend immunhistochemischer Kontrastierung zu einem teilweise zystisch transformierten SCC der Parotis. Der Patient entschied sich nach Auf- klärung gegen eine Nachresektion oder Bestrahlung. Innerhalb des postoperativen Verlaufs zeigte sich eine persistierende Speichel- sekretion durch Eröffnung der Kapsel der Glandula parotidea, die jedoch unter Therapie mit Scopolamin- Pflastern innerhalb von vier Wochen komplett regredient war. Der weitere Verlauf der Wundheilung gestaltete sich unauffällig mit einem guten ästhetischen und funktionellen Er- gebnis ohne bleibende Schädigung des Nervus facialis. CME AUF ZM-ONLINE Erstbeschreibung eines zystisch transformierten Plattenepithel- karzinoms der Parotis Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie 2 CME- Punkte der BZÄK/ DGZMK. DR. MED. DIANA HEIMES Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie – plastische Operationen Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat 30 | ZAHNMEDIZIN

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