Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8
zm 111, Nr. 8, 16.4.2021, (692) Schonung der Ansa cervicalis, der Nervi hypoglossus et accessorius wurde weiter nach cranial präpariert und die dort lokalisierten Tumor- formationen von der Arteria carotis interna abgelöst. Schließlich erfolgte die Absetzung des caudalen Pols der Parotis unter Schonung des Stirn- und Augenastes des Nervus facialis. Im Sinne einer modifizierten Rauch- Plastik wurden Teile des Musculus trapezius abgesetzt und über dem residualen Parotispol befestigt. Der weitere postoperative Verlauf ge- staltete sich unter antibiotischer und analgetischer Therapie unauffällig, so dass der Patient nach einer vier- tägigen stationären Überwachung in die ambulante Weiterbetreuung ent- lassen werden konnte. In Anbetracht des Tumorstadiums erfolgte die An- bindung zur adjuvanten Bestrahlung des betroffenen Bereichs. Der Patient wird entsprechend des Tumorboard- beschlusses und leitliniengerecht regelmäßig klinisch und radiologisch nachkontrolliert. DISKUSSION Die Erstvorstellung von Patienten mit einem SCC der Parotis findet typischerweise erst in späten Krank- heitsstadien und bei Vorliegen kli- nischer Symptome statt [Alvi et al., 2020]. Zeichen für die Malignität des Tumors sind ein schnelles Wachstum, ein dolenter Befund, die Unver- schieblichkeit der Raumforderung gegenüber dem Umgebungsgewebe, Ulzerationen der darüber liegenden Haut, eine cervikale Lymphadeno- pathie oder die pathognomonische Paralyse des Nervus facialis. Aller- dings kann der Befund auch, wie im vorliegenden Fall, als indolente Raum- forderung ohne klinische Symptoma- tik auffällig werden [Alvi et al., 2020]. Insbesondere in solchen Fällen ist eine differenzialdiagnostische Unter- scheidung zu benignen und anderen malignen Befunden schwierig. Mög- liche Differenzialdiagnosen reichen von infektiösen Erkrankungen wie Tuberkulose, EBV, CMV und Borre- liose, über chronisch-entzündliche Krankheiten (Sarkoidose) bis hin zu unterschiedlichsten Raumforderungen benigner und maligner Genese inner- halb der Speicheldrüse [siehe hierzu auch Heimes und Lippe, 2018]. Raumforderungen der Parotis werden primär in benigne und maligne Enti- täten unterteilt (Abbildung 5). Bei 80 Prozent der Neoplasien handelt es sich um benigne Formen wie das pleomorphe Adenom oder das Zyst- adenolymphom. Maligne Tumore hingegen werden entsprechend ihres Ursprungs in eine primäre und eine sekundäre (Metastasen)Form unter- teilt [Heimes und Lippe, 2018; Alvi et al., 2020] und entstehen typischer- weise nach dem 60. Lebensjahr, wäh- rend die Prävalenz benigner Entitäten zwischen der vierten und der fünften Lebensdekade am höchsten liegt. Die Inzidenz maligner Speicheldrüsen- tumore liegt weltweit bei 0,5–3,0/ 100.000 Einwohner pro Jahr [Alvi et al., 2020]. Primäre SCC der Speicheldrüse sind mit einer Häufigkeit von 1,6 Prozent aller Speicheldrüsentumore äußerst selten [Jo et al., 2020; International Agency for Research on Cancer, 2017]. Die Diagnose eines primären Speicheldrüsen-SCC sollte erst nach Ausschluss anderer Speicheldrüsen- tumore oder Metastasen kutaner und oropharyngealer SCC erfolgen. Pri- märe Formen eines SCC treten meist innerhalb der Glandula parotidea und nur sehr selten in anderen Speichel- drüsen auf [International Agency for Research on Cancer, 2017; Jo et al., 2020]. Die Ursache eines SCC der Quelle: Peer W. Kämmerer Abb. 3: Klinischer Situs während der Operation: a) Schnittführung als präaurikulärer Zugang mit Extension nach caudal zur Entfernung der caudal gelegenen Befunde. b) Dargestellt ist der Zustand nach Präparation auf dem Nervus facialis nach anterior zur Durchführung einer lateralen Parotidektomie. Der Pfeil markiert den Hauptstamm des Nervus facialis, auf dem – unter stetigem Nervmonitoring – direkt nach anterior präpariert wird. c) zeigt einen der Befunde direkt anterior des Ohres. Während der Präparation entleert sich recht klares Sekret aus der Raumforderung. Palpato- risch ist dieses eher fest, beinahe knorpelig mit einem innenliegenden Hohlraum. a b c 34 | ZAHNMEDIZIN
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