Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8

zm 111, Nr. 8, 16.4.2021, (700) virtuellen Raum eingeplant werden. Sinnvoll für das Onboarding neuer Mitarbeiter kann auch die Paten- schaft eines erfahrenen Kollegen sein. Es sollte klar erkennbar sein, dass die Schulungsaufgaben abgearbeitet sind, zum Beispiel anhand eines Fort- schrittsbalkens im Programm, er- gänzt Kastner. Dies sei auch eine Orientierungshilfe für die neuen Mit- arbeiter im Einarbeitungsprozess. „Digitales Onboarding sollte vor allem nicht dröge sein, sondern den Anspruch haben, auch Spaß zu ma- chen, um das Personal auch über mehrere Sitzungen zu motivieren“, betont sie. Zur Auflockerung böten sich etwa Videoinhalte an. Wichtig sei, dass bei jeder virtuellen Station die jeweils Verantwortlichen an- sprechbar sind, falls es Rückfragen gibt. Aus Sicht des Experten Heckner sind Checklisten ein wichtiges Hilfsmittel. „Hier gibt es auch Apps, die hilfreiche Selbsttests zur Abfrage des Erlernten anbieten. Bei Checklisten sollte man als Praxisinhaber nicht vollständig auf Vorlagen Dritter vertrauen, son- dern sich gegebenenfalls einmal selbst die Mühe machen, eigene Lis- ten anzufertigen oder zumindest Standardvorlagen auf die praxiseige- nen Bedürfnisse zu individualisieren.“ LIEBER KÜRZER UND REGELMÄßIG Besser für die Konzentration und Auf- merksamkeitsspanne seien zudem kürzere, dafür regelmäßige Schulun- gen als überbordende Blöcke, denen am Ende nur noch schwer gefolgt werden kann. Der Medizininformati- ker rät außerdem: „Um die Motivati- on bei Mitarbeitern hochzuhalten, muss man sich als Praxisinhaber und Arbeitgeber auch für die Inhalte der Schulung und Meinungen der Mit- arbeiter dazu interessieren. Wenn sie merken, dass die Schulung nur gemacht wird, weil das halt immer so ist, wenn eine neue Kollegin oder ein neuer Kollege eingestellt wird, dann ist das nicht von Vorteil.“ Er emp- fiehlt daher auch, dem jeweiligen Mitarbeiter freundlich klar zu ma- chen, dass man die Schulung zu sei- nem eigenen Vorteil durchführt oder bucht, und auch die Beweggründe für diese Maßnahme zu erläutern. Nur wenn dieser verstehe, warum er etwas machen soll, kann er sich tatsächlich dafür begeistern und motivieren, so Heckners Erfahrung. DAS RICHTIGE MAß IST NICHT ZUVIEL AUF EINMAL Die „Neuen“ sollten mit den Inhal- ten und Aufgaben nicht alleine gelas- sen werden und zu viel Input auf ein- mal erhalten. Das richtige Maß an Forderung, nicht Überforderung, sei das Credo jeder Schulung – Step by Step mit Platz für Rückfragen, betont Kastner. Das Tempo sollte also grob vorgegeben, aber dennoch flexibel für jeden individuell sein. „Auch wenn digitales Onboarding ein gutes Instrument ist, um Wissen zu transferieren und zum Beispiel das Einarbeiten in die Praxissoftware zu erleichtern, hilft es nicht dabei, dass eine neue Mitarbeiterin sich am neu- en Arbeitsplatz wohl und willkom- men fühlt“, gibt Heckner zudem zu bedenken. Die soziale Integration ist deshalb Teil eines erfolgreichen On- boarding-Prozesses. Ein persönliches Gespräch im Anschluss ergänzt, was eine Online-Schulung offenlässt. Nur so können neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Praxiskultur voll- ständig kennenlernen und diese aktiv mitgestalten. „Ich kann nur den Tipp geben, dass man dem Thema Zeit und Gewicht gibt und es nicht ein- fach nebenbei laufen lässt. Konkret sollte man als Arbeitgeber immer die Themen und Inhalte vorgeben und Experten diese digital aufbereiten und zur Umsetzung bringen lassen“, fügt er noch hinzu. Ein klarer Vorteil des digitalen On- boardings sei die Zeitersparnis und der flexible Einsatz. „Die neuen Kol- leginnen und Kollegen haben Zugriff auf eine Wissensplattform und die anderen müssen nicht ständig das Gleiche erzählen“, sagt Expertin Kast- ner: „Allerdings sollte klar sein, dass nicht jede Detailfrage mit einer Stan- dardanwendung online abgebildet werden kann.“ ES GIBT AUCH GRENZEN DES SINNVOLLEN Die Grenzen des Sinnvollen werden laut Heckner dagegen klar bei der Vermittlung praktischer Arbeiten überschritten: „Zum Beispiel kann man das Anmischen von Alginat nicht ausschließlich digital lernen. Hier muss man praktisch seine eige- nen Erfahrungen machen, und jemand, der neben einem steht, muss die Konsistenz des Ergebnisses prüfen und ein Feedback geben.“ Außerdem sei nicht jede Person eigenständig motiviert und könne ohne die Anlei- tung und Unterstützung von Dritten neue Aufgaben bewältigen – auch nicht mit digitaler Unterstützung. Der Praxisinhaber sollte daher immer ein offenes Ohr für Fragen und Bedürfnisse seiner Mitarbeiter haben. Selbst wenn der Mitarbeiter digital eingearbeitet ist, ist das keine Garan- tie dafür, dass er auch in der Praxis ins Team passt. Für Heckner ist das digitale Onboarding daher immer eine gute zusätzliche Möglichkeit der Einarbeitung, niemals das einzige Mittel. LL SO GELINGT DAS ONBOARDING \ Strategisch planen und alle Beteiligten involvieren \ Aufgaben strukturieren und priorisieren \ Zeit für Austausch und Rückfragen einräumen \ Fortschritte dokumentieren \ Hilfsmittel: Erklärvideos und Checklisten individualisiert erstellen \ Besser kürzere und regelmäßige Einheiten als lange Berieselungen \ Patenschaften bilden, Ansprechpart- ner nennen, Projektleiter benennen \ den Neuen die Vorteile der Online- Schulung klarmachen \ Dranbleiben, Potenziale entwickeln Quelle: Bitkom 42 | PRAXIS

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