Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8

zm 111, Nr. 8, 16.4.2021, (702) D ie dritte Therapiestufe zielt auf die Behandlung der Bereiche der Dentition ab, die nicht adäquat auf die zweite Therapiestufe reagiert haben (ST 4 mit BOP und 5 mm oder tiefe Resttaschen ≥ 6 mm) [Sanz et al., 2020]. Das Ziel ist es da- bei, den Zugang für die subgingivale Instrumentierung zu verbessern oder die Läsionen, die zur Komplexität der Parodontitis und der Parodontal- behandlung beitragen (Knochen- taschen und Furkationsbefall), rege- nerativ oder resektiv zu therapieren. Dies kann folgende Interventionen umfassen: \ wiederholte subgingivale Instrumentierung mit/ohne adjuvante Therapien \ Parodontalchirurgie: · Zugangslappen · regenerative Parodontalchirurgie · resektive Parodontalchirurgie Chirurgische Eingriffe bedürfen einer zusätzlichen und spezifischen Patienteneinwilligung. Spezifische Risiken und medizinische Kontra- indikationen müssen berücksichtigt werden. Das individuelle Behand- lungsergebnis der Maßnahmen in der dritten Therapiestufe sollte evaluiert werden (parodontale Befundevaluation). 1. INTERVENTION: ZUGANGSLAPPEN Lappenoperationen haben im Wesentlichen die Aufgabe, die Sicht in ein Gebiet zu ermöglichen, das bei der bisherigen Therapie nicht ein- gesehen werden konnte. Dies ist von besonderer Bedeutung für Furkationsbefälle höheren Grades und Knochentaschen, vorwiegend in Verbindung mit tiefen Resttaschen (TST ≥ 6 mm). Andererseits soll die Lappenoperation zur weiteren Re- duzierung der Sondierungstiefe bei- tragen, um ein längerfristig stabiles Therapieergebnis zu erzielen, das mit Taschentiefen bis 4 mm ohne Bluten auf Sondieren beschrieben ist [Serino et al., 2001]. Vor der Intervention ist die Indikation jedoch kritisch zu prüfen, denn je nach Methode kann die Lappenbildung in seltenen Fällen unerwünschte Nachwirkungen wie Blutungen, Nervschädigungen oder Entzündungen haben. Für ästhetisch sensible Bereiche ist das Auftreten von Rezessionen zu bedenken und mit dem Patienten abzustimmen. Auch auf den Eingriff folgende Hyperästhesien können nicht voll- ständig ausgeschlossen werden. S3-LEITLINIE „DIE BEHANDLUNG VON PARODONTITIS STADIUM I-III“ – TEIL 3 Klinische Empfehlungen zur dritten Therapiestufe – Chirurgische Therapie Henrik Dommisch, Peter Eickholz, Holger Jentsch Die vollständige Entfernung von subgingivalem Biofilm und Zahnstein kann bei Zähnen mit hohen Taschensondie- rungstiefen (TST) oder im Bereich von anatomisch komplexen Flächen (Wurzeleinziehungen, Furkationsbefälle und Knochentaschen) schwierig sein. In diesen Fällen reichen ausschließlich nicht-chirurgische Mittel nicht immer aus, um das Therapieziel zu erreichen, und weiterführende invasive Maßnahmen können erforderlich sein. ZUGANGSLAPPEN ODER WIEDERHOLTE INSTRUMENTIERUNG? Evidenzbasierte Empfehlung (3.1): Bei Patienten mit Parodontitis Stadium III sollte in Fällen mit tiefen Resttaschen (TST ≥ 6 mm) nach der ersten und zweiten Stufe der Parodontaltherapie eine Zugangslappenoperation durchgeführt werden. Bei moderaten Resttaschen (4–5 mm) sollte eine wiederholte Instrumentierung erfolgen. Konsensstärke: starker Konsens Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK, 2020]* Empfehlungs- grad Abb. 1: Ramfjord-Lappen (modifizierter Widmanlappen) für die Therapie des Furkationsbefalls distopalatinal Grad II an den Zähnen 26 und 27: a: Bukkalansicht b: Ramfjordlappen an den Zähnen 26 und 27, nach Nahtlegung Fotos: Holger Jentsch a b 44 | ZAHNMEDIZIN

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