Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8

zm 111, Nr. 8, 16.4.2021, (703) Wie effektiv sind Zugangslappen im Vergleich zu wiederholter subgingivaler Instrumentierung? Bei moderaten Resttaschen (TST 4 bis 5 mm) nach der ersten und zweiten Therapiestufe führen Lappenopera- tionen zwar kurzzeitig für bis zu zwölf Monate zu einer stärkeren Verringerung der Sondierungstiefe als die subgingivale Instrumentierung (+0,34 mm, +29,6 Prozent in vier in die Auswertung einbezogenen Unter- suchungen), bei sieben längerfristigen Studien (> 12 Monate) ist dieser Vor- teil geringer und wird mit 9,49 Pro- zent höherer Taschentiefenreduktion angegeben [Sanz-Sanchez et al., 2020]. Der Anteil flacher Taschen nach der Therapie war bei Anwendung eines Zugangslappens 11,6 Prozent höher. In Bezug auf ein verbessertes klini- sches Attachmentlevel (clinical attachment level: CAL) wurden keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Interventionen bei ini- tial tiefen Taschen beobachtet. Der CAL-Gewinn war jedoch in der Grup- pe der subgingivalen Instrumentie- rung signifikant größer bei Taschen, die initial eine moderate Tiefe hatten. Bei Taschen mit einer TST ≤ 4 mm waren durch die Zugangslappenbil- dung signifikante Attachmentverlus- te zu verzeichnen. Die Lappenopera- tion bleibt evidenzbasiert höheren Sondierungstiefen (TST ≥ 6 mm) vor- behalten, sollte dort jedoch erfolgen. 2. INTERVENTION: UNTERSCHIEDLICHE ZUGANGSLAPPENOPERATIONEN Wie effektiv sind verschiedene Zugangslappenoperationen? Zu dieser Frage liegt aktuell nicht ge- nügend Evidenz für eine Empfehlung vor. Das Lappendesign wird unter anderem durch die Entscheidung zwischen resektiver und regenerativer chirurgischer Parodontaltherapie be- stimmt werden. Werden verschiedene Zugangslappen- techniken wie Instrumentierung unter Sicht mit Lappenbildung (Open Flap Debridement, OFD), Lappen mit paramarginaler Inzision (modified Widman Flap, MWF, Abbildungen 1 und 2), und Papillen- erhaltungslappen (Abbildung 3) als konservative parodontalchirurgische Interventionen ohne signifikanten Weich- und Hartgewebsverlust hinsichtlich der Reduktion der TST verglichen, so bestehen kaum Unter- schiede. MWF und OFD wurden in drei randomisierten klinischen Stu- dien verglichen und nur eine davon hatte eine höhere Taschensondierungs- tiefenreduktion durch den MWF zum Ergebnis [Sanz-Sanchez et al., 2020]. 3. INTERVENTION: RESEKTIVE PARODONTALCHIRURGIE Wie effektiv sind chirurgische Ansätze zur Tascheneliminierung / resektiven Chirurgie im Vergleich zu Zugangslappen? Diese Fragestellung in der Leitlinie widmet sich dem Vergleich der Ergebnisse nach Lappenoperation mittels Zugangslappen (Abbildung 3), also Lappenbildung ohne gezielten Gewebsverlust, und resektiver Parodontalchirurgie – mit gezieltem Gewebsverlust, jedoch ohne zusätzli- che Materialien zur parodontalen Regeneration [Polak et al., 2020]. Da- bei werden alle chirurgischen Verfah- ren mit Resttaschen ab 5 mm nach vorheriger subgingivaler Instrumen- tierung verglichen. Bei der Betrach- tung werden MWF (Abbildung 1), Excisional New Attachment Procedu- re (ENAP) in der Gruppe der Zugangs- lappen geführt. Die Gruppe der resek- tiven Parodontalchirurgie besteht aus auch zum Teil älteren Verfahren mit UNTERSCHIEDLICHE ZUGANGSLAPPENOPERATIONEN Evidenzbasierte Empfehlung (3.2): Es gibt nicht genügend Evidenz, um eine Empfehlung bezüglich der Wahl zwischen verschiedenen Zugangslappentechniken in Fällen mit tiefen Resttaschen (TST ≥ 6 mm) und Knochentaschen bei Patienten mit einer Parodontitis Stadium III nach angemessener erster und zweiter Stufe der Parodontaltherapie auszusprechen. Zugangslappen können mit unterschiedlichen Lappendesigns durchgeführt werden. Konsensstärke: Konsens Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK, 2020]* Empfehlungs- grad Abb. 2: Ramfjordlappen am Zahn 46, a: Bukkalansicht, b: nach Nahtlegung Fotos: Holger Jentsch RESEKTIVE PARODONTALCHIRURGIE Evidenzbasierte Empfehlung (3.3): In Fällen mit tiefen Resttaschen (TST ≥ 6 mm) bei Patienten mit einer Parodontitis Stadium III nach adäquater zweiter Stufe der Parodontaltherapie sollte resektive Parodontalchirurgie durchgeführt werden. Dabei sollte das Risiko der gingivalen Rezession berücksichtigt werden. Konsensstärke: einfache Mehrheit Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK, 2020]* Empfehlungs- grad a b ZAHNMEDIZIN | 45

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