Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8
zm 111, Nr. 8, 16.4.2021, (708) Was sind adäquate Biomaterialien, um die Heilung von Resttaschen im Bereich von Knochentaschen zu verbessern? Dieser Empfehlung liegen 20 RCTs mit 972 Patienten zugrunde [Nibali et al., 2020]. Im Vergleich zur Zugangs- lappenoperation wurde ein zusätz- licher Nutzen für den CAL-Gewinn von durchschnittlich 1,27 mm (95 Prozent-KI: [0,79; 1,74]; Verbesserung von 77 Prozent) für EMD (Enamel Matrix Derivative, Schmelz-Matrix- Proteine) (Abbildung 4) und von 1,43 mm (95 Prozent-KI: [0,76; 2,22]; Verbesserung von 86 Prozent) für GTR (Guided Tissue Regeneration, gesteuerte Geweberegeneration) beschrieben. Die Kombination von Membranen und Knochenersatz- material resultierte in einem CAL- Gewinn von 1,5 mm (95 Prozent-KI: [0,66; 2,34]; Verbesserung von 90 Prozent) im Vergleich zur Zugangs- lappenoperation. Der Vergleich von EMD zu GTR zeigte keinen statistisch signifikanten Unterschied hinsichtlich CAL-Gewinn [Nibali et al., 2020]. Dabei sollen Behandler bei der Wahl des spezifischen Biomaterials für die regenerative Therapie prüfen, ob die in Tabelle 1 aufgelisteten Kriterien erfüllt sind [Lindhe et al., 1996]. Es existieren Biomaterialien, die alle in Tabelle 1 genannten Kriterien erfüllen. Es gibt aber auch Produkte, die zwar CE-gekennzeichnet oder FDA- (Food and Drug Administration der USA) autorisiert sind, jedoch nicht allen geforderten Kriterien entsprechen. Was ist das adäquate Lappen- design für die regenerative Therapie von Resttaschen im Bereich von Knochentaschen? Dieser Empfehlung liegen zwei syste- matische Übersichtsarbeiten zugrunde [Graziani et al., 2012; Nibali et al., 2020]. Durch einen Papillenerhal- tungslappen lassen sich höhere CAL- Gewinne und TST-Reduktionen erreichen. Im Vergleich zur Instru- mentierung unter Sicht (Zugangslap- penoperation) führt diese Technik zu geringeren postoperativen Rezessio- nen. Die erhöhte Komplexität dieser Methode bedarf allerdings zusätzli- chen Trainings. (Abbildung 4). 6. INTERVENTION: BEHANDLUNG VON FURKATIONSBEFALL Was ist die adäquate Behandlung von Molaren mit Furkations- befall der Grade II und III mit Resttaschen? Die Anatomie von Ober- und Unter- kiefermolaren unterscheidet sich einer- seits hinsichtlich der Kronen- und Fissurengestalt sowie bezüglich der Anzahl an Wurzeln. Daraus ergibt sich für Molaren eine jeweils spezifische Form der sogenannten Furkations- region (Abbildung 5). Im Fall einer Parodontitis und vorliegendem inter- radikulärem Knochenverlust ist diese Furkationsregion bei Oberkiefermola- ren von vestibulär beziehungsweise mesio- und distoapproximal sowie bei Unterkiefermolaren von vestibulär beziehungsweise oral zwischen den jeweiligen Wurzeln zugänglich (hori- zontal messbarer Attachmentverlust vom Grad I, II oder III) [Eickholz und Walter, 2018; Hamp et al., 1975]. Genaue anatomische Kenntnisse sind besonders für die parodontale Befund- aufnahme im Furkationsbereich eine wichtige Voraussetzung. Zusätzlich sind Variationen der regulären anato- mischen Wurzelkonfiguration wie zum Beispiel teilweise oder voll- ständig fusionierte Wurzeln (Pfahl- wurzeln) und zusätzliche Wurzeln oder endodontische Aspekte im Rahmen der Befundung zu berücksichtigen. Zum Verständnis der folgenden Emp- fehlungen ist es wichtig, Furkations- befunde im Einzelnen (je Furkations- bereich), aber auch im Kontext der ge- samten Zahnanatomie zu betrachten. Das heißt, ein Molar kann nur an ei- nem der oben genannten Furkations- eingänge oder an mehreren sich ge- genüberstehenden Furkationseingän- gen einen sondierbaren horizontalen Attachmentverlust aufzeigen. So können an einem Molar einzelne oder multiple Furkationsgrade gemes- sen werden. In diesem Zusammenhang BIOMATERIALIEN Evidenzbasierte Empfehlung (3.8): In der regenerativen Parodontalchirurgie sollen entweder Membranen oder Schmelz-Matrix-Proteine mit oder ohne Zusatz von Knochenersatzmaterial (Bone-derived Grafts) angewendet werden.* Konsensstärke: Konsens Q Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK, 2020]*; *Zusatzinformation in der Leitlinie. Empfehlungs- grad BIOMATERIALIEN Evidenzbasierte Empfehlung (3.9): Es soll ein Lappendesign mit maximalem Erhalt der interdentalen Gewebe, wie z. B. der Papillenerhaltungslappen, angewendet werden. Unter bestimmten Umständen soll die Mobilisation des Lappens limitiert werden, um die Wundstabilität zu verbessern und die Morbidität zu verringern. Konsensstärke: Konsens Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK, 2020]* Empfehlungs- grad UNIV.-PROF. DR. MED. DENT. HENRIK DOMMISCH Direktor der Abteilung für Parodontologie und Synoptische Zahnmedizin Centrum für Zahn-, Mund- und Kieferheil- kunde, Charité – Universitätsmedizin Berlin Aßmannshauser Str. 4–6, 14197 Berlin henrik.dommisch@charite.de Foto: privat 50 | ZAHNMEDIZIN
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