Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8
zm 111, Nr. 8, 16.4.2021, (709) ist die Unterscheidung multiplen Furkationsbefalls vom Grad II an zwei sich gegenüberliegenden Furka- tionseingängen von einem tatsächli- chen Furkationsbefall vom Grad III (durchgängig sondierbar) abzugrenzen. Zusätzlich zur präzisen Messung der Furkationsgrade ist zu erwähnen, dass für eine vollumfängliche Einschät- zung möglicher Behandlungsoptionen im Sinne der dargestellten Leitlinien- empfehlungen die Messung von Taschensondierungstiefe (TST) plus Rezession (vertikaler Attachmentver- lust), die Ermittlung des radiologi- schen Knochenverlusts sowie die Beurteilungen der Zahnlockerung (funktionelle Befunde) erfolgen müssen. Diese Empfehlung basiert auf einer starken Evidenzgrundlage, die auf Daten aus 20 randomisierten kontrol- lierten Studien mit 575 Patienten mit Furkationsbefall Grad II an bukkalen Furkationseingängen von Oberkiefer- molaren sowie bukkalen und lingua- len Furkationseingängen von Unter- kiefermolaren und auf Daten aus sieben Beobachtungsstudien mit 665 Patienten mit Furkationsbefall Grad II approximal und Grad III zurück- greift [Jepsen et al., 2020; Dommisch et al., 2020]. Die Tatsache, dass Mo- laren mit Furkationsbefall mithilfe nicht-chirurgischer und chirurgischer Techniken auch über lange Zeiträume erhalten werden können, wurde bereits in den vergangenen Jahren in anderen systematischen Übersichts- arbeiten dargestellt [Huynh-Ba et al., 2009; Nibali et al., 2016]. Zur weiteren Interpretation dieser Leit- linienempfehlung sind die Behand- lungsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu berück- sichtigen. Diese beschreiben, dass bei Furkationsbefall von Grad III oder Knochenabbau > 75 Prozent und bei gleichzeitigem Vorliegen eines Locke- rungsgrades III in der Regel die Ent- fernung des Zahnes vorgesehen ist [G-BA, 2006]. Die parodontale Behandlung von Molaren mit Furkationsbefall ist zwingend erforderlich, da diese im Vergleich zu einwurzeligen Zähnen und Molaren ohne Furkationsbeteili- gung ein höheres Risiko für weiteren Attachmentverlust [Loos et al., 1989; Nordland et al., 1987; Wang et al., 1994] sowie für Zahnverlust auf- weisen [Dannewitz et al., 2006; Dannewitz et al., 2016; Graetz et al., 2015; Helal et al., 2019; Matuliene et al., 2008; Pretzl et al., 2008]. Die Durchführung zumindest einer der im Folgenden aufgeführten Behand- lungsmodalitäten sollte nach den erfolgreich abgeschlossenen Stufen 1 und 2 der Parodontitistherapie An- wendung finden, um das Risiko für Zahnverlust zu reduzieren. Was ist das adäquate Vorgehen bei Furkationsbefall Grad II mit Resttaschen an Unterkiefer- molaren? Die Evidenzbasis umfasst 17 RCTs mit 493 Patienten. Die Qualität der Evi- denz wurde mittels GRADE bewertet und als hoch eingestuft. In dem syste- matischen Review, das dieser Empfeh- lung zugrunde liegt [Jepsen et al., 2020], erfolgte eine Metaanalyse, bei der alle regenerativen Eingriffe als Gruppe zusammengefasst und mit Zugangslappenoperation (open flap debridement: OFD) verglichen wur- den. Die Ergebnisse zeigen, dass rege- nerative Therapien im Vergleich zu OFD signifikant bessere Ergebnisse in Bezug auf primäre und sekundäre Endpunkte erzielten. Im Vergleich zu OFD zeigte die regenerative Therapie konsistent einen zusätzlichen Nutzen (Verringerung des Furkationsbefalls; horizontaler Knochengewinn; hori- zontaler und vertikaler Gewinn an klinischem Attachment, CAL; Reduk- tion der Taschensondierungstiefe, TST). Der durchschnittliche zusätz- liche Nutzen eines regenerativen Ein- griffs ist klinisch relevant (1,3 mm vertikaler CAL und höhere TST-Re- duktion) und statistisch signifikant, da die Verringerung des Furkationsbe- falls eine Odds Ratio (OR) von 21 zu- MEHR AUF ZM-ONLINE Hier finden Sie Teil 2 aus der zm 7/2021 „Klinische Empfehlun- gen zur zweiten Therapiestufe – subgingivale Instrumentierung“. BEHANDLUNG VON MOLAREN MIT FURKATIONSBEFALL Evidenzbasierte Empfehlung/Stellungnahme (3.10): (A) Molaren mit Furkationsbefall der Grade II und III mit Resttaschen sollen in die Parodontaltherapie mit einbezogen werden. (B) Ein Furkationsbefall stellt keinen Extraktionsgrund dar. Konsensstärke: starker Konsens / Konsens Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK, 2020]* Empfehlungs- grad REGENERATIVE FURKATIONSTHERAPIE – UK GRAD II Evidenzbasierte Empfehlung (3.11): Bei Resttaschen im Bereich von Unterkiefermolaren mit Furkationsbefall Grad II sollen regenerative parodontal- chirurgische Maßnahmen erfolgen. Konsensstärke: Konsens Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK, 2020]* Empfehlungs- grad MEHR AUF ZM-ONLINE Hier finden Sie Teil 1 „Klinische Empfehl- ungen zur ersten Therapiestufe“ ZAHNMEDIZIN | 51
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