Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8

Im April 1953 erlangte sie mit der 1954 veröffentlichten Schrift „Unter- suchungen über die Gebißentwicklung an Hand von Reihenuntersuchungen bei Kindern vom 4. bis zum 9. Lebens- jahr“ die Habilitation und nachfol- gend die venia legendi für das Fach „Zahnheilkunde, insbesondere Kiefer- orthopädie“. 9 1954 erhielt sie dann die Genehmigung zu einem Forschungs- aufenthalt in der Bundesrepublik, wo sie mit Gustav Korkhaus 10 (1895–1978), dem Direktor der Bonner Universitäts- zahnklinik, zusammentraf. Korkhaus war der erfolgreichste Schüler des 1933 geflohenen jüdischen Hochschul- lehrers Alfred Kantorowicz (1880– 1962) und der führende westdeutsche Kieferorthopäde. 11 Vermutlich hatte Reichenbach jenen Aufenthalt ver- mittelt. Jedenfalls ist verbürgt, dass Korkhaus und Reichenbach zeitlebens befreundet waren; zudem waren beide seit 1952 gemeinsame Herausgeber der „Fortschritte der Kieferorthopä- die“. 12 Neumann kehrte allerdings nicht in die DDR zurück, sondern wurde Assistentin bei Korkhaus – in- wieweit dies a priori geplant war, lässt sich den Quellen nicht entnehmen. 13 EINE UMHABILITATION VON HALLE NACH BONN Dementsprechend erfolgte im Februar 1955 Neumanns Umhabilitation von Halle nach Bonn. Neumann, die in Bonn von Anfang an kieferortho- pädisch arbeitete, wurde alsbald zur Oberassistentin ernannt und enga- gierte sich auch hier beim sukzessiven Ausbau einer kieferorthopädischen Abteilung. Mitte der 1950er-Jahre ar- rivierte sie dann zur Fachzahnärztin für Kieferorthopädie und im Dezem- ber 1959 wurde sie in Bonn zur außer- planmäßigen Professorin ernannt. In ebendieser Zeit heiratete sie den Volkswirt und Syndikus Helmut Dausch und firmierte fortan unter dem Nachnamen Dausch-Neumann. Der nächste Karriereschritt folgte 1962: Im Februar jenes Jahres erreichte sie ein Ruf aus Tübingen, wo sie an der dortigen Universitätszahnklinik unter Berufung zur Beamtin auf Lebenszeit die Position einer Abteilungsvorste- herin antrat. 14 Hier oblag ihr die Lei- tung und – wie zuvor in Halle und Bonn – der weitere Ausbau der kiefer- orthopädischen Abteilung. Außerdem war sie in die Neukonzeption der Tübinger Zahnklinik eingebunden, da diese auch ihren Bereich betraf. Nach dem Bezug des Neubaus (1968) arrivierte Dausch-Neumann zur Ärzt- lichen Direktorin und wurde Inhabe- rin des neu eingerichteten Lehrstuhls für Kieferorthopädie. Sie blieb in dieser Funktion bis zu ihrer Emeritierung im Jahr 1990 tätig. Auch nach ihrer Entpflichtung war sie in Tübingen ansässig. Sie verstarb am 28. Dezem- ber 2013 in ihrem 93. Lebensjahr in Tübingen nach „kurzer schwerer Krankheit“. 15 Dorothea Dausch-Neumann war – nach Maria Schug-Kösters 16 (1900–1975, Habilitation 1931) und Elsbeth von Schnizer 17 (1900–1998, Habilitation 1932) – die dritte Frau, die in Deutschland die venia legendi für Zahnheilkunde erlangte. Sie war zu- dem unter den zahlreichen Habili- tanden von Erwin Reichenbach die erste Frau, die dieses Ziel erreichte; 1956 sollte Reichenbach mit Gisela Schützmannsky 18 (1920–2013) dann noch einer weiteren Zahnärztin die Habilitation ermöglichen. BERUFEN AUF DEN ERSTEN KFO-LEHRSTUHL DER BRD Noch bemerkenswerter ist die Tat- sache, dass Dausch-Neumann auf den ersten bundesdeutschen Lehr- stuhl für Kieferorthopädie berufen wurde. Besagtes Ordinariat war in Tübingen im Rahmen des Ausbaus der Zahnklinik und der Verselbststän- 9 Neumann (1954); 10 Groß (2018b); 11 Groß (2018a); 12 Groß (2020a); 13 Kremer/Büchs (1967), 125, 128, 153; 14 Nachruf (2014); 15 Witt (2014); 16 Groß (2021a); 17 Groß (2021b); 18 Kürschner (1976), Bd. 2, 2919f. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. zm 111, Nr. 8, 16.4.2021, (715) Agil, schnittfreudig und hungrig. Proc odile. © 03/2020 · 10005748v.001 GESELLSCHAFT | 57

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