Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 9

zm 111, Nr. 9, 1.5.2021, (814) S3-LEITLINIE „DIE BEHANDLUNG VON PARODONTITIS STADIUM I-III“ – TEIL 4 Die vierte Therapiestufe – Sicherung des Therapieerfolgs Christian Graetz, Moritz Kebschull, Bettina Dannewitz Im Gegensatz zur Gingivitis ist die Parodontitis keine Erkrankung, die im klassischen medizinischen Verständnis ausgeheilt werden kann. Ziel der Therapie ist, die Erkrankung zum Stillstand zu bringen und dann die parodontalen Verhältnisse langfristig zu stabilisieren. Dafür ist nach den Therapiestufen eins bis drei eine lebenslange strukturierte Nachsorge unverzichtbar: die unterstützende Parodontaltherapie. W ie in den vorhergehenden drei Beiträgen zur systema- tischen Therapie (zm 6, 7, 8/2021) beschrieben, stellt die Paro- dontitis eine komplexe Entzündungs- erkrankung dar. Es konnte aufgezeigt werden, dass durch adäquate, an den Schweregrad und die Risikofaktoren angepasste individuelle Maßnahmen der ersten bis dritten Therapiestufe das Entzündungsgeschehen kontrol- lierbar wird und somit die Destruk- tion des Zahnhalteapparats gestoppt oder zumindest entscheidend ver- langsamt werden kann. Aber wie bei vielen chronischen Ent- zündungserkrankungen sind es die Risikofaktoren, die in der Mehrzahl eine aktive Beteiligung der betrof- fenen Patienten erfordern, um lang- fristig die Therapieerfolge zu sichern. Daher müssen diese auch die Grund- lage für eine individuell gestaltete (risikoadaptierte) Therapiestufe 4, die sogenannte unterstützende Parodon- taltherapie (UPT), sein. Vor Beginn der Therapiestufe 4 muss im Rahmen einer abschließenden Beurteilung der vorhergehenden Therapiestufen fest- gestellt werden, ob und inwieweit die Therapieziele erreicht wurden. Häufig können – beispielsweise bei Patienten mit Parodontitis Stadium III oder IV – nicht alle Therapieziele vollständig bei allen Zähnen realisiert werden. Deshalb müssen unter Be- rücksichtigung der wissenschaftlichen Evidenz individuelle Interventionen in der UPT ergriffen werden, die ab- hängig vom gingivalen und parodon- talen Status sind und dabei die prä- ventiven und therapeutischen Inter- ventionen aus der ersten und der zweiten Therapiestufe kombinieren. Diese professionellen Maßnahmen müssen durch eine Aufrechterhaltung der Motivation zur kontinuierlichen Mitarbeit der Patienten flankiert wer- den. Das bedingt eine regelmäßige, individuell an die Bedürfnisse des Patienten angepasste Betreuung. Ziel der vierten Therapiestufe ist, die parodontale Stabilität aufrechtzuer- halten. Die UPT ist dennoch keine „passive“ Therapiestufe, denn bei jeder UPT-Sitzung und bei jedem Patienten kann ein Wiederauftreten der Erkrankung eine erneute Therapie nötig werden lassen, was eine konti- nuierliche Kontrolle der parodonta- len Situation und entsprechend ab- gestimmte Interventionen nach sich zieht. VORÜBERLEGUNGEN ZU DEN KLINISCHEN EMPFEHLUNGEN Für die nachfolgenden Empfehlungen ist zu beachten, dass die Parodontitis- patienten nach Abschluss der ersten drei Therapiestufen in zwei diagnos- tische Gruppen unterteilt werden können (Tabelle 1): \ mit reduziertem, aber gesundem Parodont oder \ mit gingivaler Entzündung [Caton et al., 2018; Chapple et al., 2018]. In beiden Fällen muss mittels der spe- zifisch angepassten UPT aus der Kom- bination von präventiven und thera- peutischen Maßnahmen das Risiko eines Rezidivs oder einer Progression abgefangen werden. Hierzu zählen die Bewertung und Überwachung der systemischen und der parodontalen Gesundheit, die Stärkung der Mund- hygieneinstruktionen, patientenspe- zifische Verhaltensanweisungen, die Patientenmotivation zur kontinuier- lichen Kontrolle von Risikofaktoren, die professionelle mechanische Plaque- reduktion (PMPR) und die lokalisierte subgingivale Instrumentierung bei Resttaschen. PD DR. MED. DENT. CHRISTIAN GRAETZ Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Arnold-Heller-Str. 3 (Haus 26), 24105 Kiel Foto: privat CME AUF ZM-ONLINE S3-Leitlinie „Die Behandlung von Parodontitis Stadium I-III“ – Teil 4 Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK. 48 | ZAHNMEDIZIN

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