Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 9

zm 111, Nr. 9, 1.5.2021, (850) studien, dass die gleitpfadfreie Präpa- ration von Wurzelkanälen auch unter Praxisbedingungen überwiegend mög- lich ist. Darüber hinaus ergaben die Untersuchungen, dass sich unter dem Patienten-relevanten Studien- endpunkt der Schmerzreduktion die Ergebnisse mit rotierenden Instru- menten, Handinstrumenten und Re- ciproc-Instrumenten nicht wesent- lich unterscheiden. Außerdem wurde in einer umfas- senden Routinedaten-Studie an fast 10.000 endodontisch therapierten Zähnen gezeigt, dass die Überlebens- wahrscheinlichkeit ohne erneute Ein- griffe am Zahn mit Reciproc-Instru- menten am höchsten war – im Ver- gleich zu rotierenden Instrumenten und Handinstrumenten. Allerdings war der Unterschied nur zu Hand- instrumenten signifikant, nicht aber zu rotierenden Instrumenten. Insgesamt kann geschlussfolgert wer- den, dass modernes endodontisches Instrumentarium aus unterschied- lichen Gründen älteren Instrumen- tentypen überlegen ist und jene in der Patientenversorgung ersetzen sollte [Bartols, 2021]. 3. BEISPIEL: Versorgungsforschung trägt zur Professionsentwicklung bei Dazu ein Blick auf den Master- studiengang der Akademie für Zahn- ärztliche Fortbildung und der Univer- sität Magdeburg „Integrated Practice in Dentistry“: Er nimmt nicht nur das „Was“ und das „Wie“ erfolg- reicher Versorgung in den Blick, son- dern auch das „Wer“, nämlich die Akteure erfolgreicher Versorgung. Die Versorgung braucht erfahrene Profes- sionelle, die den Stand des Wissens nicht bloß anwenden, sondern ihn im Sinne lernender Versorgung voranbringen [Robra, 2021]. Dabei erscheint es sinnvoll, Studiendesigns zu entwickeln, die Erkenntnisgewinn aus der Routinepraxis heraus er- möglichen und patientenzentrierte Endpunkte in den Fokus nehmen [Bartols, 2021]. Die Translation wissenschaftlicher Forschungsergebnisse endet nicht, wenn eine Therapie zur Verfügung steht, sondern erst dann, wenn eine Innovation die Wirksamkeit der flächendeckenden Patienten- versorgung gegenüber der bisherigen Praxis verbessern konnte. Die Ver- gewisserung über den Stand der Versorgung ist nur mithilfe der Ver- sorgungsforschung möglich [Robra, 2021]. FAZIT Der Berufsstand sollte sich in diesem Sinne um Versorgungsforschung küm- mern und Fremdbestimmung auf die- sem Gebiet mit fundierter eigener Kompetenz entschieden entgegen- treten [Kramer et al., 2021]. Auf diese Weise bietet Versorgungsforschung auch Impulse für eine fortschreitende Professionsentwicklung. \ GRENZGÄNGE DER ZAHNMEDIZIN Die ausführlichen Fassungen der drei skizzierten Beispiele aus der Versorgungsforschung finden sich im Buch „Grenzgänge der Zahn- medizin – Eine Festschrift für Winfried Walther“. Die 23 Autoren sind langjährige Weggefährten von Prof. Walther. Unter ihnen sind Masterstudierende, Promovenden, Habilitanden, Kollegen aus der Akademie, der Universität, der Klinik und der Praxis. Allen ist gemein, dass sie ein Projekt und/oder gemeinsame Publikationen mit Walther verbindet. Gleichzeitig haben sie über den viel zitierten „Tellerrand“ hinausgeblickt. Walther hat sie unterstützt oder war ihnen Ideen- und Ratgeber. Das Buch bündelt somit Beiträge, die primär in der Zahnmedizin verortet sind, jedoch mindestens einen Teilbereich einer anderen Disziplin oder ein „fachfremdes“ Gebiet tangieren. Dazu zählen neben der beschriebenen Versorgungswissenschaft und der Professionsentwicklung auch Rechtswissenschaft, Geschichtswissen- schaft, Mitarbeiterführung, Erwachsenenbildung, Allgemeinmedizin, Freiberuflichkeit, Ethik, Gesundheitsökonomie, Informatik, Praxis- forschung, Anatomie, Psychosomatik, Kunst und Lehre. Dr. med. dent. Dr. phil. Hans Ulrich Brauer, M.A., Fachzahnarzt für Oralchirurgie Foto: Pabst Science Publishers A. Bartols, M. Jacob & H. U. Brauer (Hrsg.): Grenzgänge der Zahnmedizin – Eine Festschrift für Winfried Walther, Pabst Science Publishers, Lengerich (Westf.), 2021, 306 Seiten, ISBN 978–3–95853–689–0 (40 Euro), eBook: ISBN 978–3–95853–690–6 (20 Euro) Foto: ZA Karlsruhe 84 | GESELLSCHAFT

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