Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10
zm 111, Nr. 10, 16.5.2021, (892) Zahnwurzeln, der Kieferhöhle oder des Mundbodens – können Gründe darstellen, auf eine primäre Zystek- tomie zu verzichten [Nyimi et al., 2019]. Auch extrem verlagerte Zähne können bei Reduktion der Zysten- größe wieder in eine günstigere Lage versetzt werden, wobei es gleichzeitig zur Stabilisierung des Kiefers durch fortschreitende Konsolidierung des ehemaligen Zystenlumens kommt (siehe Patientenfälle). Voraussetzung ist jedoch eine hohe Motivation beziehungsweise Compli- ance des Patienten, um eine adäquate Reinigung und ein Offenhalten des Stomas zu gewährleisten. Ein nicht getragener Obturator wird auf abseh- bare Zeit die Passung verlieren und zum Verschluss der Öffnung mit kon- sekutivem Rezidiv führen. Ein Röhr- chen hingegen, das nicht gespült wird, neigt zur Obliteration und wird ebenfalls in einem Misserfolg enden. Dies ist klar mit den betroffenen Patienten und/oder Angehörigen zu kommunizieren. Vor- und Nachteile der beiden Verfahren sind zusammen- fassend in Tabelle 1 dargestellt. Doch selbst bei Patienten, die sich auf- grund von multiplen oder schweren Vorerkrankungen nicht für eine Behandlung in Intubationsnarkose qualifizieren, ist bei entsprechender Instruktion von Angehörigen oder Pflegenden eine Zystostomie in Lokalanästhesie umsetzbar. Eine voll- ständig ambulante Führung ist hier jedoch nicht immer sinnvoll oder erstrebenswert. ZYSTOSTOMIE BEI KERATOZYSTEN Auch Keratozysten können in einem mehrzeitigen Verfahren behandelt werden. So war eines der Argumente für die Rückbenennung des „kerato- zystisch odontogenen Tumors“ zur Zyste das Ansprechen auf Marsupiali- sation [Soluk-Tekkesin und Wright, 2018]. Gerade die Rezidivfreudigkeit dieser Läsionen hat zu teils invasiven Methoden bis hin zur Segmentresek- tion und der Empfehlung zur Entfer- nung umgebender Muskeln sowie intraoraler – wenn nötig sogar extra- oraler – Weichgewebe geführt [Driemel et al., 2007; Dammer et al., 1997; Lentrodt, 1978]. Die Verkleinerung der zystischen Raumforderung hingegen ermöglicht zumeist eine technisch einfachere, sicherere und vollständige Entfer- nung sämtlicher Zystenanteile mit der Möglichkeit, den umliegenden Knochen ausreichend anzufrischen, ohne Kollateralschäden zu provo- zieren. Außerdem ist auch eine histo- logische Veränderung des Zysten- epithels hin zu weniger adhärenter und dickerer Epithelauskleidung be- schrieben, was die Zystektomie zu- sätzlich erleichtern kann [Brøndum und Jensen, 1991]. In der Literatur wird weiterhin die Anwendung verschiedener Adjuvan- zien – wie etwa der Carnoy’schen Lösung oder der Kryotherapie – beschrieben, die die Wahrscheinlich- keit von Rezidiven senken sollen [Al-Moraissi et al., 2017]. Diese wer- den in unserer Klinik nicht standard- mäßig eingesetzt, wobei aber erwähnt sei, dass diese mit hoher Wahr- scheinlichkeit auch freilegende Nachbarstrukturen schädigen [Zhou et al., 2005; Ribeiro Junior et al., 2007]. Abb. 7: Schema zur Erleichterung der Therapieentscheidung Quelle: MKG Charité 22 | ZAHNMEDIZIN
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