Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 111, Nr. 10, 16.5.2021, (876) Mit der neuen PAR-Richtlinie wird die parodontologische Versorgung ab dem 1. Juli auf eine neue Grundlage gestellt. Wir Zahnärzte bekommen damit die notwendigen Instrumente in die Hand, um den jahrelangen Stillstand in der Parodontitistherapie endlich zu beenden. Unsere Vorstel- lungen einer zeitgemäßen Versorgung haben wir in der Zahnärzteschaft gemeinsam mit der Wissenschaft bereits vor Jahren klar formuliert: Wir brauchen die sprechende Zahn- medizin, um unsere Patientinnen und Patienten in der Therapie „mitzu- nehmen“ und um die Mundgesund- heitskompetenz zu stärken. Wir müssen die Ergebnisse der Therapie evaluieren können. Ebenso müssen wir den Behandlungserfolg durch eine unterstützende Parodontitistherapie nachhaltig sichern können. Die Zeichen standen gegen uns: Das IQWiG hatte der Unterstützenden Parodontitistherapie (UPT) die Evidenz abgesprochen, der Nutzen der sprechenden Zahnmedizin wurde infrage gestellt, die Beratungen im G-BA waren oft von harten und lang- wierigen Verhandlungen geprägt. Und auch innerhalb der Zahnärzteschaft war manche intensive Diskussion über den richtigen Kurs zu führen. Heute können wir feststellen: Wir haben mit der PAR-Richtlinie im G-BA alle unsere Ziele erreicht und die Erwartungen mehr als erfüllen können. Gelungen ist uns das mit einer klaren Zielvorstellung, zäher Verhandlungstaktik und insbesondere einem engen Schulterschluss mit der Wissenschaft. Den Nutzen der UPT als dem zentralen Element einer zeit- gemäßen Behandlung haben wir ge- gen alle Widerstände und Verfahrens- hindernisse auch nach den hohen Standards des G-BA belegen und sie so in die Versorgung bringen können. Auch die sprechende Zahnmedizin ist nun im Leistungsgeschehen fest verankert. Das Gleiche gilt für die individuelle Mundhygiene- unterweisung, ein weiterer wichtiger Baustein in der neuen Behandlungs- strecke. Bei all diesen Bemühungen standen dabei immer unsere Patien- ten im Mittelpunkt und damit die Frage, wie deren Versorgung wirklich verbessert werden kann. Doch die fachliche Fundierung ist nur die eine Seite des Erfolgs. Es war im- mer klar, dass eine echte Verbesserung in der Versorgung auch im Sinne unserer Patienten nur dann gelingen kann, wenn unsere Zahnärztinnen und Zahnärzte die neuen Leistungen auf einer betriebswirtschaftlich trag- fähigen Grundlage erbringen können. Und auch hier können wir heute sagen: Wir haben dieses Ziel erreicht. Nach intensiven Verhandlungen im Bewertungsausschuss haben wir uns mit dem GKV-Spitzenverband im Konsens auf ein Paket einigen können, das die systematische Parodontitis- therapie endlich angemessen vergütet. Damit revidieren wir die Folgen der schweren politischen Fehlentschei- dungen, die mit der zwangsweisen Abwertung der PAR-Leistungen 2003 und 2004 einhergingen. Fachlich und betriebswirtschaftlich ist nun der Weg bereitet, der Paro- dontitis wirksam eine zeitgemäße wissenschaftlich gestützte Behandlung entgegenzusetzen. Denn der Hand- lungsbedarf ist groß. Parodontitis ist keine Bagatellerkrankung. Es gilt, die Versorgungslücken, die sich in der Vergangenheit aufgetan haben, zu schließen. Wir sind daher als Zahnärztinnen und Zahnärzte jetzt gefordert, die Prävention und Früh- erkennung und die Therapie voran- zubringen, um insgesamt die Mund- gesundheit unserer Patientinnen und Patienten zu verbessern. Dafür ist der Instrumentenkoffer gut gefüllt. Wir können im Einklang mit der Wissen- schaft die Behandlung aktiv gestalten und die vor uns liegenden Herausfor- derungen meistern. Die Parodontitis- therapie wird ab dem 1. Juli 2021 auf neue, feste Füße gestellt. Natürlich gilt es, den Informationsbedarf, der sich aus dieser Neustrukturierung naturgemäß ergibt, umfänglich zu stillen. Wir werden hierzu in bewähr- ter Weise in Kürze alle notwendigen Informationen aufbereiten, damit die gesamte Kollegenschaft gut gerüstet ist. Und auch neben der Behandlung der Parodontitis im engeren Sinne liegen weitere große Aufgaben vor uns. Die kausalen Bezüge von Parodontalerkrankungen mit syste- mischen Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder rheumatoider Arthritis werden wir zukünftig verstärkt in den Blick nehmen müssen. Gemeinsam mit der Wissenschaft und den ärztlichen Kollegen werden wir neue Formen der interdisziplinären Kooperation schaffen müssen. Nach den erzielten Erfolgen sind wir uns sicher, dass uns auch das im Sinne der Versorgung gelingen wird. Heute können wir uns jedoch zunächst über die großen Erfolge freuen, die wir als Zahnärzte- schaft erreicht haben. Dr. Wolfgang Eßer Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Martin Hendges Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Dr. Karl-Georg Pochhammer Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Einen Beitrag zur neuen PAR-Richtlinie finden Sie auf Seite 12. Foto: axentis Es ist ein Meilenstein 06 | LEITARTIKEL

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