Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11

zm 111, Nr. 11, 1.6.2021, (1015) eingeführten und längst etablierten „Frühstücksgespräche“ mit Politikern und Vertretern aus den Ministerien. In sol- chen Settings gelingt es weit besser, die Anliegen der Zahnärzteschaft zu transportieren. Das BZÄK-Netzwerk ist breit aufgestellt und funktioniert sowohl auf politischer Ebene als auch auf Verwaltungsebene mit sämtlichen Stakeholdern der Branche. Oesterreich: Das Verständnis für die zahnmedizischen Anliegen im gesundheitspolitischen Umfeld und bei Politikern zu fördern, setzt auch voraus, sich gemeinsam mit zahlreichen Playern zu engagieren. So gemeinsam mit der Wissenschaft bei der Ausbildungs-, Forschungs- und Nachwuchsförderung und mit den freien Berufen im BFB. Die zahnmedizinische Prävention gilt es in den Gremien der DAJ und weiteren Veranstaltungsformaten, wie dem „Forum Zahn- und Mundgesundheit“, weiterzuentwickeln. Nicht zuletzt gilt es auch weiterhin, das gesellschaftliche Engagement des Berufsstands in den zahlreichen nationa- len und internationalen Hilfsprojekten in die Öffentlich- keit zu tragen. Kann man sagen, dass die politische Arbeit mit der Zeit intensiver geworden ist? Engel: Ja, sie ist vor allem in den vergangenen Jahren sehr intensiv geworden, weil sowohl die Zahl als auch die Vielfalt der politischen Themen stark zugenommen haben. Darüber hinaus sind die Themen sehr komplex geworden. Erklären Sie mal jemandem in drei Sätzen, welche Konsequenzen die EU-Richtlinie 2018/958 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufs- reglementierungen für den zahnärztlichen Berufsstand und die Versorgung in Deutschland haben werden. Das ist kaum möglich – im schnelllebigen Berliner Politik- betrieb haben Sie aber kaum die Zeit für lange Erörterun- gen: Die Botschaften müssen vor allem kurz ausfallen, sonst hört Ihnen hier niemand zu. Das hört sich schwierig an. Wie gelingt es Ihnen, komplexe Botschaften in schnell rezipierbare Kommunikationsschnipsel umzubauen? Prof. Dr. Christoph Benz: Diese Kommunikationskultur ist dem Mediziner, der gelernt hat, dass Diagnostik und die Wahl der Therapie eine höchst komplexe Denkungs- art erfordern, nicht gerade in die Wiege gelegt worden. Hier profitieren die BZÄK und damit die Kolleginnen und Kollegen vom fachlichen Kompetenzmix im GV und auf der Ebene der Verwaltung. Wichtig ist, dass die politische Führung die Beratung und Meinungsvielfalt zulässt. Oesterreich: Aber Sie sehen auch hier, dass wir hier weiter- gekommen sind: Unsere neue Kommunikationsoffensive #GesundAbMund ist da ein gutes Beispiel. Man muss das allzu Fokussierte, Schnelllebige nicht mögen, aber man kann es in handwerklich guter Weise umsetzen. Und die zentrale Botschaft des Slogans ist zwar kurz, aber nicht verkürzt: Sie zielt auf den Kern unseres Anspruchs: Gesundheit entsteht vom Mund aus – Zahnmedizin ist in- tegraler Bestandteil der Medizin. Die ersten Reaktionen aus dem politischen Berlin zeigen ganz deutlich, dass die Botschaft gehört wird. Dies ist auch in Zukunft fortzusetzen, der zahnärztliche Berufsstand leistet weit mehr als oftmals verkürzt in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Noch einmal zurück zu den EU-Reglementierungen des Berufsrechts. Davor hat die BZÄK doch schon gewarnt, als andere das noch gar nicht auf dem Schirm hatten? Benz: Ja, das stimmt. Als wir 2015 darauf hingewiesen haben, dass die Neufassung der GOÄ – hier sind wir Zahnärzte ja unter anderem über die Röntgenleistungen auch betroffen – in Konflikt mit der damals bereits in der Pipeline befindlichen EU-Verhältnismäßigkeitsrichtlinie kommen könnte, wurden wir dazu harsch kritisiert. Am Ende haben wir recht behalten. Für uns ist Europa ein na- hezu gleichgewichtiges Spielfeld wie die nationale Politik. Sicherlich haben wir hier auch innerhalb der Freien Berufe einen Vorreiterposten. Sind kleinere Strukturen wie die BZÄK flexibler und wacher als große Institutionen? Engel: Generell würde ich das nicht sagen. Manchmal hätte ich auch gern die Ressourcen der Großen. Aber es stimmt, beim EU-Recht waren wir dank unserer guten Vernetzung auf europäischer Ebene ganz vorn und die Wegbereiter, die dieses Thema auch auf nationaler Ebene in die politische Diskussion eingespeist haben. Welche Rolle spielte die Zusammenarbeit mit der KZBV? Da wird ja gern und laut über Konflikte gesprochen, weniger dagegen über die konstruktive, aber meist stille Zusammenarbeit. Oesterreich: Greifbare Erfolge im Hinblick auf die Um- setzung fachlicher Entwicklungen in der Praxis erzielen wir nur in der Zusammenarbeit mit der KZBV. Ein sehr schönes Beispiel ist das AuB-Konzept von BZÄK und KZBV. 2006 haben wir als BZÄK unseren Leitfaden zur präven- tionsorientierten Zahnmedizin im Alter in der Bundes- versammlung vorgestellt – das war der Ausgangspunkt für die gemeinsame konzeptionelle Arbeit an diesem Thema. Die KZBV hat dann die Umsetzung des AuB-Konzepts ins SGB V übernommen, während sich die Kammern um die Fortbildung in Sachen Alterszahnmedizin kümmern. Ein schöner Erfolg der Zusammenarbeit. Auch bei der früh- kindlichen Karies sind wir den gleichen gemeinsamen Weg gegangen. Ein weiteres sehr erfolgreiches Projekt ist die Patientenberatung. Engel: Vieles geht eben nur gemeinsam in der Synergie. Es wird ja immer vom Trennenden gesprochen, aber deutlich wird, dass wir dort, wo wir gemeinsam an einem BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel Foto: axentis.de POLITIK | 33

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