Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11

zm 111, Nr. 11, 1.6.2021, (1018) Hochschulen wir ein breites Spektrum an Fachwissen ver- mittelt. Im Kern geht es doch darum, den beruflichen Nachwuchs als allgemein tätigen Zahnarzt beziehungs- weise Zahnärztin, der über Jahre hinweg Patienten betreut, zu befähigen. Die Zahnmedizin ist schließlich wichtiger Teil der medizinischen Primärversorgung. Dabei die Ver- trauensbeziehung zum Patienten zu entwickeln, in dieser Vertrauensbeziehung auch Freude zu empfinden und das dankbar wertzuschätzen, dies bringt tiefe Berufszufriedenheit. Benz: Umfragen zeigen im Übrigen, dass genau das den Jungen wichtig ist. Das Bedürfnis, heilen und helfen zu können, und darin Erfüllung fürs eigene Leben zu finden, rangiert ganz oben auf der Werteskala der nachwachsen- den Generation. Ich bin da sehr optimistisch für den Be- rufsstand. Wir dürfen gespannt sein, wie sich die Jungen Zug um Zug in die Standespolitik einbringen werden. Wir haben inzwischen fast 1,5 Jahre Corona-Pandemie hinter uns. Wie ist die Zahnärzteschaft aus Ihrer Sicht durch diese schwierige Zeit gekommen? Engel: Besonders zu Beginn gab es bei den Zahnärztinnen und Zahnärzten große Unsicherheiten, denn während der ersten Corona-Welle waren sie mehr als jede andere Arzt- gruppe von rückläufigen Patientenkontakten betroffen – in den Monaten April und Mai vergangenen Jahres gab es teilweise Umsatzeinbrüche bis zu 50 Prozent. Trotzdem waren Zahnärztinnen und Zahnärzte in der gesamten Krise immer für ihre Patienten da. Sie haben eindrücklich ihre Systemrelevanz und -kompetenz unter Beweis ge- stellt, indem sie die flächendeckende Sicherstellung der Versorgung zu jeder Zeit garantiert haben. Darauf kann der Berufsstand mit Recht sehr stolz sein. Man darf nicht vergessen, dass es seit Ausbruch der Pandemie keine nen- nenswerten Infektionszahlen im Umfeld zahnärztlicher Praxen und Kliniken gegeben hat, weil die Zahnarztpra- xen schon immer höchste Hygienestandards eingehalten haben. Und unsere Forsa-Umfrage belegt, dass die Patien- tinnen und Patienten uns diesbezüglich vertrauen. Was konnte die BZÄK dazu beitragen, dass die Zahnärzte insgesamt vergleichsweise gut durch die Krise gekommen sind? Engel: Wir haben uns von Anfang dafür eingesetzt, dass die besonderen Aufwände, die Zahnärzte während der Pandemie haben, wie Kosten für Schutzkleidung und Des- infektionsmaterialien, aber insbesondere auch der admi- nistrative Hygieneaufwand, gesondert vergolten werden. Zusammen mit dem PKV-Verband und der Beihilfe konn- ten wir uns in nicht ganz einfachen Verhandlungen auf eine Hygienepauschale verständigen. Bisher wurde diese mehrfach verlängert, aktuell gilt sie bis zum 30. Juni. Die Pauschale kann seit dem 1. Januar als Einfachsatz in Höhe von 6,19 Euro pro Sitzung berechnet werden. Darüber hinaus haben wir uns im Bundesarbeitsministerium für die Anwendung des Kurzarbeitergelds auf die Kollegen- schaft erfolgreich eingesetzt. Benz: Auch galt es in der Pandemie, Falschmeldungen zu korrigieren, die zu großer Unsicherheit in der Zahnärzte- schaft geführt haben. Denken Sie an die missverständliche WHO-Meldung im vergangenen Sommer, wonach nicht notwendige Zahnbehandlungen aufgeschoben werden sollten. Da konnten wir sehr schnell klarstellen, dass dies für Deutschland mit seinen hohen zahnmedizinischen Hygienestandards nicht gilt. Oesterreich: Im vergangenen Herbst sind wir außerdem mit unserer Kommunikationsoffensive #GesundAbMund an den Start gegangen. Damit wollen wir Politik, Medien und der Öffentlichkeit breitflächig wissen lassen, dass Zahnmediziner jederzeit verlässlich, engagiert und sehr professionell arbeiten und dass sie jede Menge Arbeits- plätze schaffen. Dass diese Kommunikation notwendig ist, zeigt der Umgang der Politik mit der Zahnärzteschaft während der Pandemie. Stichwort: kein GKV-Rettungs- schirm für Zahnärzte. Aber mit der Kommunikations- offensive wollen wir nicht lamentieren, sondern aufzei- gen, wie wichtig Zahnärztinnen und Zahnärzte für die Allgemeingesundheit der Bevölkerung sind. Es gilt, positive Botschaften zu vermitteln. Und das kommt sehr gut an. Und nicht zuletzt waren wir vor allem am Anfang der Pandemie täglicher Ansprechpartner für die vielfältigen Fragen der Kolleginnen und Kollegen. Und wie sieht die Zukunft für die Zahnärzteschaft aus? Engel: Eine große Frage – ich versuche sie in aller Kürze zu beantworten. Zum einen muss es eine strikte Trennung von Rechts- und Fachaufsicht geben. Es hat sich in der Bundesrepublik bewährt, dass die zahnärztliche Selbst- verwaltung als Fachaufsicht den Rechtsrahmen für die Zahnärzteschaft in eigener Verantwortung regelt, und dies unter staatlicher Rechtsaufsicht. Durch eine zunehmende Versozialrechtlichung verschiebt sich dieser Rahmen aber immer mehr in Richtung Rechtsaufsicht, was sich in der Praxis zum Beispiel in ausufernden Bürokratieauflagen be- merkbar macht. Hier brauchen wir wieder ein gesundes Gleichgewicht, der Staat muss und soll nicht alles bis ins kleinste Detail regeln, was er eigentlich als Aufgabe der Selbstverwaltung übertragen hat. Zum anderen müssen wir die zunehmende Vergewerblichung unseres Heilberufs verhindern. Die BZÄK ist keineswegs gegen Wettbewerb, dieser muss aber um die beste Qualität gehen, nicht um den niedrigsten Preis. Es gilt: Gesundheit ist keine Ware! Nur dadurch bindet man nachhaltig Patientinnen und Patienten und gewinnt ihr Vertrauen. Das geht aber nur in freiberuflichen Strukturen, nicht in investorengesteuerten Großeinheiten. Diese entziehen sich nämlich oftmals als von branchenfremden Managern geleitete GmbHs der Fachaufsicht. Womit wir wieder bei Punkt 1 wären. Das Gespräch führte Benn Roolf. BZÄK-Vize Prof. Dr. Dietmar Oesterreich Foto: axentis.de 36 | POLITIK

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