Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11

zm 111, Nr. 11, 1.6.2021, (1026) oder auf bestimmte Zielgruppen fokussiert. Daher hat die Experten- arbeitsgruppe ein eigenes zweistufiges Verfahren mit Screening und Assess- ment vorgeschlagen, das für alle Set- tings der Pflege geeignet ist. Beim Screening wird unter anderem zu Beginn des pflegerischen Auftrags geprüft, ob und inwieweit Risikofak- toren oder Anzeichen für Probleme im oralen Bereich vorliegen. Für eine bessere Akzeptanz in der Pflegepraxis war es der Gruppe wichtig, dass das Screening als erste Einschätzung ohne Inspektion der Mundhöhle möglich ist. Die umfassendere Beurteilung im Rahmen des Assessments wird nur nötig, wenn das Screening Probleme beziehungsweise Risiken identifiziert hat. Das Assessment fokussiert dann aber zudem auf mögliche Ursachen für Probleme der Mundgesundheit. ASPIRATION VERMEIDEN UND ERGONOMISCH ARBEITEN Die Expertenarbeitsgruppe betont, dass personenzentriertes Arbeiten die Ressourcen, Vorlieben und Abneigun- gen des Menschen mit pflegerischem Unterstützungsbedarf im Blick haben muss, um ein höchstmögliches Maß an Selbständigkeit zu erreichen (akti- vierende Pflege). Ist trotz aller An- strengungen die Durchführung der Mundpflege durch die pflegende Per- son geboten, stehen neben der kor- rekten Anwendung der notwendigen Pflegemittel vor allem eine ergono- mische Arbeitshaltung und die Ver- meidung von Aspiration im Vorder- grund. Dafür hat die Expertenarbeits- gruppe detaillierte Empfehlungen for- muliert. Favorisiert wird die Mund- pflege bei guter Leistungsbereitschaft in sitzender Position am Wasch- becken im Bad. Es werden aber auch alternative Techniken bis hin zur Durchführung der Mundpflege im Bett sowie Maßnahmen bei abweh- rendem Verhalten beschrieben. MUNDGESUNDHEIT HAT FESTEN PLATZ IN DER PFLEGE In den verschiedenen Ebenen werden die möglichen – beziehungsweise notwendigen – interprofessionellen Schnittstellen zwischen Zahnmedizin und Pflege benannt. So hat die Exper- tenarbeitsgruppe die in Deutschland aktuell bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen in den Kom- mentierungen berücksichtigt – Ko- operationsverträge zwischen Zahn- ärzten und stationären Pflegeeinrich- tungen, aber auch die zahnärztlichen Präventionsleistungen wie der Mund- gesundheitsstatus, der individuelle Mundgesundheitsplan und die Mundgesundheitsaufklärung für alle Menschen mit zugeordnetem Pflege- grad oder Eingliederungshilfe werden als Chance zur interprofessionellen Förderung der Mundgesundheit bei Menschen mit pflegerischem Unter- stützungsbedarf hervorgehoben. WIE GEHT ES WEITER? Im Anschluss an die Konsentierung des Expertenstandards folgt nun die Phase der sogenannten modell- haften Implementierung. Hier muss der Standard – vom DNQP wissen- schaftlich begleitet – seine Alltags- tauglichkeit in einem kleinen Kreis von circa 25 Einrichtungen, die mög- lichst alle Settings umfassen, unter Beweis stellen. Dabei können sich noch Änderungen ergeben. Erst nach dieser Phase wird der Expertenstan- dard, ergänzt um die Erkenntnisse aus der modellhaften Implementierung, abschließend veröffentlicht. ! Mundgesundheit von älteren Senioren mit Pflegebedarf (in Prozent ) Kariessanierungsgrad Zahnfleischbluten völlige Zahnlosigkeit Kontrollorientierte Inanspruchnahme zahnärztlicher Dienste Hilfe bei der Mundhygiene erfoderlich 83,0 69,2 46,5 64,3 32,8 53,7 68,2 38,8 6,7 29,8 Mundgesundheit älterer Senioren Mundgesundheit älterer Senioren mit Pflegebedarf Ältere Senioren mit Pflegebedarf (75- bis 100-Jährige) weisen eine schlechtere Mundgesundheit auf und benötigen mehr Hilfe bei der Mundhygiene. Quelle: DMS V, 2016 44 | ZAHNMEDIZIN

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