Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11

zm 111, Nr. 11, 1.6.2021, (1059) giert, Abbildung 3) mit einer Gesamt- ausdehnung von 3,0 cm x 2,5 cm x 2,2 cm. Bildmorphologisch bestand der Verdacht auf eine Dermoid-Zyste, eine Foregut-Zyste oder ein zystisches Lymphangiom. Zur histologischen Sicherung erfolgte in Vollnarkose die transorale operative Entfernung der Läsionen. Diese lie- ßen sich intraoperativ präparatorisch unkompliziert entwickeln (Abbildun- gen 4 und 5). Klinisch präsentierten sich die Läsionen von den Speichel- drüsenausführungsgängen ebenso wie von den Nn. hypoglossi gut abgrenzbar. Die histopathologische Begutachtung zeigte eine zweikammerige, von res- piratorischem Flimmerepithel und nicht verhornendem Plattenepithel ausgekleidete Zyste im Sinne einer Foregut-Zyste und eine von verhor- nendem Plattenepithel ausgekleidete Zyste mit Fremdkörperreaktion und Hautadnexstrukturen im Sinne einer Dermoid-Zyste – damit hatte die Patientin ein Nebeneinander zweier angeborener epithelialer Läsionen. Postoperativ zeigte sich die kleine Patientin atem- und kreislaufstabil, der Heilungsverlauf verlief unkompli- ziert. Aktuell befindet sich die Patien- tin in der Nachsorge und zeigt keine weiteren Auffälligkeiten. DISKUSSION Foregut-Zysten und Dermoid-Zysten gehören zu den angeborenen Läsio- nen epithelialen Ursprungs [Hills und Maddalozzo, 2015]. Die Foregut-Zyste, als Duplikationszyste des Vorder- darms, ist eine seltene entwicklungs- bedingte Läsion (circa 3 Prozent [Balakrishnan et al., 2017]). Die kli- nischen Symptome sind abhängig von der Lage der Zyste. In der Mund- höhle ist die häufigste Lokalisation der Mundboden-/Zungenbereich (97 Prozent [Morgan et al., 1996]). Dem- entsprechend kann es hierbei zu Schluck- und Atemproblemen kom- men [Mendez Saenz et al., 2016; Khatri et al., 2019]. Kleinere Zysten sind oft symptomlos und fallen als Zufallsbefund auf [Balakrishnan et al., 2017]. Foregut-Zysten sind am häufigsten an Ösophagus, Dünndarm oder Colon zu finden, mitunter auch in der Lunge. Orale Manifestationen sind selten. Die Foregut-Zyste entsteht durch eine Duplikation des Vorder- darms in der fetalen Entwicklung. Aus dem Vorderdarm entwickeln sich in der fünften bis achten Schwanger- schaftswoche die Organe des oberen Intestinaltrakts und die Lunge. Die typische Histologie der Foregut-Zyste mit respiratorischen und gastrointes- tinalen Epithelanteilen erklärt sich hierdurch. Für die Diagnose einer Foregut-Zyste müssen drei Voraus- setzungen erfüllt sein: die Umschei- dung durch glatte Muskulatur, das Vorhandensein von Epithelien mit Abstammung aus dem Vorderdarm und Anhang an einen Anteil der Vor- derdarm-Abkömmlinge [Wang et al., 2016]. Die genaue Ätiologie ist nicht bekannt, familiäre Häufungen oder syndromale Assoziationen sind nicht beschrieben [Hills und Maddalozzo, 2015]. Zur Diagnostik einer Foregut-Zyste kann bei Auffälligkeiten des Fetus in den vorgeburtlichen Untersuchungen – zum Beispiel bei unklarer Massen- DR. MED. DR. MED. DENT. GESCHE FROHWITTER Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgische Klinik, Universitätsklinik der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg Glückstr. 11, 91054 Erlangen Foto: Uniklinik Erlangen Abb. 3a: Axiale MRT-Aufnahme (T2_stir_tse_tra) mit Darstellung einer mehr- kammerigen zystischen Läsion im Bereich des Zungenkörpers/Mundbodens Abb. 3b: Sagittale MRT-Aufnahme (T2_stir_tse_tra) mit Darstellung einer mehr- kammerigen zystischen Läsion im Bereich des Zungenkörpers/Mundbodens Quelle: Radiologisches Institut, Prof. Uder, Uniklinik Erlangen Quelle: Radiologisches Institut, Prof. Uder, Uniklinik Erlangen DR. MED. DR. MED. DENT. RAIMUND PREIDL Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgische Klinik, Universitätsklinik der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg Glückstr. 11, 91054 Erlangen Foto: Uniklinik Erlangen ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. ZAHNMEDIZIN | 77

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