Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11
zm 111, Nr. 11, 1.6.2021, (1064) Lieferer liegt. Insbesondere Leistungen von ausländischen Unternehmen wer- den häufig in Anspruch genommen, ohne dass es dem Zahnarzt bewusst ist. Beispielweise arbeiten viele Inter- netauftritte mit „Google-Ad-Words“. Der europäische Sitz von Google liegt in Dublin und damit im sogenannten übrigen Gemeinschaftsgebiet. Auf die Rechnung von Google muss der Zahnarzt daher noch 19 Prozent Mehrwertsteuer aufschlagen und diese an das deutsche Finanzamt abführen. Sollte eine falsche Verbuchung erst im Rahmen einer Prüfung festgestellt werden, dann kann es aufgrund der fehlenden Vorsteuerabzugsberechti- gung zu einer nicht unerheblichen Umsatzsteuernachforderung kommen. Ein weiteres prominentes Beispiel für diese Steuerfalle sind Facebook und Instagram. PKW-Überlassung an Arbeitnehmer Ein Punkt, der häufig bei der Buch- haltung von Zahnärzten unbeachtet bleibt, ist die Tatsache, dass die Über- lassung eines PKWs an Arbeitnehmer einen umsatzsteuerpflichtigen Leis- tungsaustausch darstellt, der nicht von der Umsatzsteuerbefreiung erfasst wird. Im Gegenzug kann natürlich die Vorsteuer aus den PKW-Kosten geltend gemacht werden. Man sollte diesen Sachverhalt kennen, denn auch dieser Umsatz beeinflusst die Umsatzgrenze zur Anwendung der Kleinunternehmerschaft. Es ist mög- lich, dass man mit kleineren Labor- leistungen unterhalb der Grenze bleibt und die Überlassung des PKWs dazu führt, dass die Grenze (siehe oben) überschritten wird. Denn für Zwecke der Umsatzsteuer sind immer alle Leistungen des Zahnarztes zu betrachten. Sowohl die Leistungen innerhalb der Praxis als auch die, die außerhalb der Praxis erbracht werden. Hinweis: Mit einem Urteil aus Januar 2021 hat der europäische Gerichtshof entschieden, dass die Überlassung von Fahrzeugen an Arbeitnehmer nicht mehr als tauschähnlicher Um- satz (wie oben beschrieben), sondern als unentgeltliche Wertabgabe zu qualifizieren ist. Das hat Auswirkun- gen auf den Ort der Leistung, aber auch für die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer. Es bleibt abzuwarten, wie die deutsche Finanzverwaltung mit diesem Urteil umgeht. Weitere umsatzsteuerpflichtige Leistungen Weitere umsatzsteuerpflichtige Leis- tungen, die in die Berechnung der Grenze zum Kleinunternehmer ein- fließen, sind Gutachten. Sie sind nur dann umsatzsteuerbefreit, wenn sie einem therapeutischen Ziel dienen. Häufig erstellen Zahnärzte Gut- achten für Versicherungen oder für KZVen. Diese Gutachten unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer, weil hier nicht das therapeutische Ziel im Vordergrund steht. Darüber hinaus sind umsatzsteuer- pflichtig: \ Vortragstätigkeiten \ Lehrtätigkeiten (individuell zu prüfen) \ Überlassung von Personal oder Geräte an andere Zahnärzte \ Verkauf von Laborgeräten \ Verkauf von Mundhygieneartikeln (Prophylaxe-Shop) \ Betrieb von Photovoltaikanlagen \ Veräußerung eines anteiligen Praxiswerts Dokumentation der Umsatzsteuerfreiheit Alle Umsatzsteuerbefreiungen haben gemeinsam, dass der Zahnarzt die Beweislast dafür trägt. Es sollte im- mer ausführlich dokumentiert wer- den, damit in einer Betriebsprüfung entsprechende Nachweise vorgelegt werden können. Wie diese Doku- mentation zu erfolgen hat, ist immer wieder strittig. Aus berufsrechtlichen Gründen (Arztgeheimnis) darf der Zahnarzt keine Patientenunterlagen an den Betriebsprüfer weitergeben. Der Betriebsprüfer hingegen hat das Recht zur Einsichtnahme in alle ent- scheidungserheblichen Sachverhalte. Leider sind Berufsrecht und Steuer- recht hier diametral entgegengesetzt. Zuletzt entschied der Bundesfinanz- hof mit einem Urteil aus 2014, dass auch Ärzte die Mitwirkungspflichten zu erfüllen hätten. Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung war dafür aber nicht notwendig, dass der Arzt alle Patientennamen und Anschriften mitteilte, sondern er durfte auf anonymisierter Grundlage detaillierte Angaben zu der mit dem jeweiligen Behandlungsfall verfolg- ten therapeutischen oder prophylak- tischen Zielsetzung machen. Es sollte daher gemeinsam mit dem Steuerberater überlegt werden, wel- che Dokumente im Einzelfall heraus- gegeben werden können beziehungs- weise müssen. Häufig bietet es sich an, einige anonymisierte Patienten- akten im Wege einer vom Betriebs- prüfer getroffenen Zufallsauswahl vorzulegen. Der Praxisinhaber sollte sich mit der eigenen Praxissoftware vertraut zu machen – bevor die Prü- fung startet. \ STEUERLICHE BRENNPUNKTE (1 UND 2) Die Autoren fassen in zwei Teilen die wichtigsten steuerlichen Brennpunkte zusammen, die von Betriebsprüfern in der Praxis immer wieder aufgegriffen werden. Es wird unterschieden zwischen Prüfungsschwerpunkten, die Einzel- und Gemeinschaftspraxen (BAG) betreffen, und solchen, die nur Gemeinschaftspraxen betreffen. Im ersten Teil geht es um die Umsatzsteuer, während sich der zweite Teil mit Prüfungsschwerpunkten abseits der Umsatzsteuer beschäftigt. MARCEL NEHLSEN Steuerberater, Diplom-Finanzwirt & Fachberater für das Gesundheitswesen Kanzlei Laufenberg Michels und Partner, Köln Nehlsen@laufmich.de Foto: privat 82 | PRAXIS
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