Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 111, Nr. 12, 16.6.2021, (1108) Behandlung anbieten, wohl aber Privatleistungen. Zahn- ersatz sollte bis zu 7.000 Pfund kosten, eine Extraktion rund 400 Pfund. Dies war besonders schwierig für Gering- verdiener und Arbeitslose. Auch Schwangere und frisch- gebackene Mütter schilderten, dass sie die kostenlose zahnärztliche Versorgung nicht in Anspruch nehmen konnten, weil sie keine Termine bekamen – und es sich im Mutterschutz nicht leisten konnten, die Behandlung privat zu bezahlen. Die Tatsache, dass Behandlungen nicht oder nur verzögert in Anspruch genommen werden können, hat dazu geführt, dass immer mehr Briten Zahnschmerzen, Schwellungen sowie defekte Zähne, Füllungen und Prothesen haben. Dass sie keine vorbeugende Behandlung erhielten, führte zu einer Verschlimmerung der Zahnprobleme und manchmal zu Zahnverlust. AUF DEN PRAXIS-WEBSITES STANDEN VERALTETE INFOS Veraltete Informationen auf Praxis-Websites ließen die Menschen vielfach im Unklaren darüber, ob die Zahnärzte neue Patienten annehmen oder Routinebehandlungen anbieten. Ungenaue Angaben zu den Behandlungskosten verleiteten Menschen dazu, mehr zu zahlen, als sie sich leisten konnten, oder dass sie bestraft wurden, weil sie irrtümlich eine vermeintlich kostenlose Behandlung in Anspruch genommen haben. Die Direktorin von Healthwatch England, Imelda Redmond, forderte mit Verweis auf die Umfragen neue Regelungen. Die Schließung der Praxen von März bis Juni vergangenen Jahres, die begrenzte Auslastung der Kliniken und die Tatsache, dass einige Praxen keine NHS- Patienten mehr behandeln – all das habe zu einem enor- men Rückstau geführt: „Der Zugang zu zahnärztlichen Leistungen des NHS sollte aber für alle gleich und er- schwinglich sein, unabhängig davon, wo die Menschen leben, unabhängig von ihrem Einkommen und ihrer ethnischen Zugehörigkeit.“ Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums bestritt die Vorwürfe: Es gebe bereits umfangreiche Ausnahme- regelungen. Das Ministerium habe Geld in mehr als 600 Praxen investiert, um Patienten zu helfen, die sofort eine Behandlung benötigen. „Wir unterstützen weiterhin die Schwächsten, indem wir sie von den zahnärztlichen Gebühren befreien“, sagte er. „Fast die Hälfte aller zahn- ärztlichen Behandlungen, über 17 Millionen, waren 2019 und 2020 kostenlos.“ Eine Analyse der British Dental Association (BDA) zeigt, dass in England seit März 2020 fast 70 Prozent der anste- henden Termine – oder 28 Millionen Behandlungen – nicht wahrgenommen wurden. ck/LL DIE ERGEBNISSE DER BEFRAGUNG \ Sechs von zehn befragten Britinnen und Briten sind seit März 2020 nicht mehr zum Zahnarzt gegangen. Mehr als die Hälfte (51 Prozent) fand es schwierig, an einen Termin zu kommen. \ Mehr als ein Viertel der Befragten berichtete, dass sie entweder Schwierigkeiten hatten, die Zahnbehandlungen zu bezahlen, oder gleich ganz darauf verzichteten, weil sie sich diese nicht leisten konnten. \ 39 Prozent sagten, dass ihnen für ihre NHS-Behandlungen zusätzliche Kosten in Rechnung gestellt wurden. \ Fast ein Viertel geht nur noch zum Zahnarzt, wenn sie – nach eigenem Ermessen – eine Behandlung benötigen. \ Knapp ein Drittel musste Privatleistungen in Anspruch nehmen, um die benötigte Behandlung zu erhalten, genauso viele fanden es schwierig, Informationen über die Gebühren der NHS-Zahnbehandlung zu finden. \ Zu den demografischen Gruppen, die am stärksten von der Situation betroffen sind, gehören Menschen mit geringem Einkommen und Angehörige ethnischer Minderheiten. Es sind die gleichen Bevölkerungsgruppen, die am stärksten von der Pandemie betroffen sind. Yonder Data Solutions hat für Healthwatch vom 19. bis zum 25. Februar 2021 insgesamt 2.019 Erwachsene ab 18 Jahren in England befragt. Von Januar bis März 2021 konnten die Briten Healthwatch ein Feedback zur NHS-Zahnversorgung geben. 14 | POLITIK

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=