Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12
zm 111, Nr. 12, 16.6.2021, (1149) Zahnersatzes ist auf Absplitterungen, Sprünge und scharfe Kanten zu achten. Die Desinfektion in warmem Wasser mit einer Prothesenreinigungs- tablette ist jeden zweiten Tag – bei hohem Aspirationsrisiko oder redu- zierter Abwehrlage auch täglich – für 10 bis 15 Minuten sinnvoll. Wird die Prothese nachts nicht getragen, sollte die trockene Lagerung in einer Dose mit geöffnetem Deckel empfohlen werden – Trocknung und gute Be- lüftung töten Bakterien besser ab (Abbildung 5). Zur Eingliederung ist die Prothese kurz zu befeuchten; bei Verwendung von Haftcreme je- doch nicht die Prothesenunterseite. Der Einsatz von Seife zur Reinigung herausnehmbarer Prothesen ist nicht notwendig. Die Verwendung wenig abrasiver Zahnpasta ist für die Kunststoffoberflächen von Prothesen unproblematisch. Tagsüber können – wenn möglich – herausnehmbare Prothesen nach jeder Mahlzeit unter laufendem Wasser kurz ab- und der Mund kurz ausgespült werden. Haftcreme sollte immer auf die ge- trocknete Prothesenunterseite verteilt auf drei bis vier erbsengroße Punkte mit etwas Abstand zu den Rändern aufgetragen werden. Danach lässt man die Haftcreme circa zehn Sekunden antrocknen und drückt die Prothese etwa zehn Sekunden auf den Kiefer. Bis zum ersten kaufunktionellen Gebrauch sollte man etwa weitere zehn Minuten abwarten. Die größte Herausforderung ist die sichere Ein- und Ausgliederung von technisch aufwendigem, heraus- nehmbarem Zahnersatz, ohne Lippen und Wangen oder die eigenen Finger durch Zubiss zu verletzen und ohne dass die Prothese nach hinten in den Rachen abrutscht. Auch hier empfiehlt es sich, den Umgang mit Prothesen zunächst bei kooperativen Menschen mit Pflegebedarf zu üben. Bei Unsicherheiten sollte der Zahn- arzt gerufen und gemeinsam ein guter Weg gefunden werden. MUNDINSPEKTION – OHNE LICHT GEHT ES NICHT! Zu einer guten Mundpflege gehört auch die Inspektion der Mundhöhle wenigstens einmal in der Woche und bei Auffälligkeiten, um frühzeitig scharfe Kanten, Druckstellen oder andere Erkrankungen an Zähnen, Zunge und Schleimhäuten zu ent- decken. Dazu ist eine gute Aus- leuchtung, am besten mit einer ge- sonderten Lichtquelle (Taschen- oder Stirnlampe) notwendig. Um die Weichteile abzuhalten, können Metalllöffel, stabile Plastiklöffel oder die Zahnbürste mit dem Griff voraus genutzt werden. Löffel sind Pflege- bedürftigen vertraut, können gespült und beliebig oft verwendet werden – ein wenig angefeuchtet gleiten diese zudem leicht auf der Schleim- haut; Holzspatel sind hier nicht zu empfehlen. MUNDSPÜLUNGEN – UND WAS ES SONST NOCH GIBT Mundspülungen und Mundduschen sollten nur zum Einsatz kommen bei guter Kooperationsfähigkeit und wenn die betroffenen Menschen die Anwendung gewohnt sind. Bei ein- geschränkter Kooperationsfähigkeit und vor allem bei erhöhter Aspira- tionsgefahr zum Beispiel aufgrund gestörter Schluckfunktion (Dyspha- gie) sollte darauf verzichtet werden. Chlorhexidin-Produkte oder Pro- dukte mit hohen Fluoridkonzentra- tionen (Gele, Lacke et cetera) sollten nur bei besonderem Bedarf und in Absprache mit dem Zahnarzt einge- setzt werden. Dreikopfbürsten können bei ein- geschränkter Kooperationsfähigkeit helfen, in kürzerer Zeit die Zähne von allen Seiten gleichzeitig zu reinigen. Sind die Zähne jedoch durch den Rückgang von Knochen und Zahn- fleisch verlängert, reinigen Dreikopf- bürsten im Bereich des Zahnfleisches nicht optimal. Absaugzahnbürsten sind im täglichen Einsatz teuer, gegebenenfalls laut und technisch sowie in der Anwendung aufwendig – die Absaugeinrichtung arbeitet nicht geräuschlos und im Hinblick auf Hygiene und den Einsatz selbst er- fordert die Anwendung eine gewisse Übung und Routine. Dennoch kön- nen sie im Einzelfall bei aspirations- gefährdeten Menschen angezeigt sein. Spezielle Prothesenabzieher schließ- lich sollen das Ein- und Ausgliedern von herausnehmbarem Zahnersatz erleichtern, deren Anwendung erfor- dert jedoch ebenfalls Übung. WECHSEL DER PFLEGEMATERIALIEN Für den Wechsel der Zahnbürsten ist ein Intervall von vier Wochen sinn- voll. Wenn die Borsten weit gespreizt sind oder sonst starke Abnutzungs- erscheinungen aufweisen, sollte man die Zahnbürste auch schon früher auswechseln. Zahnzwischenraum- bürsten mit Metalldrahtkern sollten nicht länger als eine Woche eingesetzt werden, da sonst die Gefahr stark ansteigt, dass sie abbrechen. Zahn- prothesenbürsten können durchaus drei Monate genutzt werden. Auch nach schweren Erkrankungen wie einer Lungenentzündung wird der Austausch der Bürsten für die Zahn- und Zahnersatzpflege empfohlen. MUNDGESUNDHEIT – BESONDERE HERAUSFORDERUNGEN Xerostomie Ob Medikamente oder eine Bestrah- lung im Kopf-Hals-Bereich – ist der Speichel reduziert oder fehlt er gänz- lich, ist nicht nur das Wohlbefinden stark eingeschränkt. Der fehlende Speichelfluss wirkt zudem auf Karies sowie auf Entzündungen des Zahn- fleischs wie ein „Brandbeschleuniger“, und Prothesen halten schlechter. In jedem Fall muss bei Betroffenen noch mehr auf eine gute Mundpflege ge- achtet werden. Zähflüssiger Speichel und Schleim im Mund können darü- ber hinaus verkrusten und es kommt zur Bildung von Borken. Borken soll- ten nicht mit Butter gelöst werden. Bei Mundtrockenheit und gegen Bor- ken hat sich die regelmäßige Benet- zung der Schleimhäute alle zwei bis drei Stunden mit feuchten Kompres- sen sehr bewährt – zur Befeuchtung eignen sich Tee oder pflanzliche Öle. MEHR INFOS Mund-Pflege 3-D – digital, dynamisch, dreidimensional Via QR oder über den Link: http://bit.ly/you tube-mundpflege ZAHNMEDIZIN | 55
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