Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12
zm 111, Nr. 12, 16.6.2021, (1153) und Kreisebene zwischen drei und 15 Prozent. Auch in den Bundesländern reichen die Unterschiede von 5,5 Pro- zent in Hamburg bis zu 10,2 Prozent in Nordrhein-Westfalen. Die Gründe dafür konnten nicht klar herausge- arbeitet werden. Die Zahnarztdichte zeigt hier lediglich einen schwachen Zusammenhang mit den Zahlen. Ein Trend ist jedoch ersichtlich: Kin- der von Müttern mittleren Alters und Mädchen waren deutlich häufiger betroffen. Zwischen 2012 und 2019 hatten 9,1 Prozent der Mädchen und 7,6 Prozent der Jungen eine so schwere Form der Kreidezähne, dass sie in zahnärztlicher Behandlung waren. Barmer-versicherte Mütter haben da- gegen gut doppelt so häufig Kinder mit Kreidezähnen, wenn sie zum Zeitpunkt der Geburt zwischen 30 und 40 Jahren alt waren. Bezüglich der Ätiologie konnte die langjährige Vermutung, dass Anti- biotika eine MIH begünstigen, durch die Versicherungsdaten der Barmer bestätigt werden. Demzufolge besteht eine Korrelation zwischen den Anti- biotikaverordnungen in den ersten vier Lebensjahren und MIH. Dabei wurden Kindern mit Kreidezähnen gängige Antibiotika bis zu zehn Pro- zent häufiger verschrieben als anderen Kindern ihrer Altersgruppe, darunter Penicilline sowie Beta-Lactam-Anti- biotika. Seltener eingesetzte Präparate zeigten sogar Korrelationen von bis zu 30 Prozent – zu dieser Gruppe zäh- len zum Beispiel Sulfonamide und Nitrofurane. MÄDCHEN SIND HÄUFIGER BETROFFEN ALS JUNGEN Allerdings ist weiterhin unklar, worin genau der Zusammenhang besteht. Hier seien weitere Untersuchungen er- forderlich, sagte Prof. Michael Walter, Autor des Zahnreports und Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Pro- thetik an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden. Bei der Antibiotikavergabe sei man grundsätzlich bereits auf einem guten Weg. So habe sich die verordnete Antibiotikagabe bei Kindern bis fünf Jahren zwischen 2005 und 2019 mehr als halbiert. 2020 sei die Menge noch einmal deutlich gesunken, wohl auch deswegen, weil die Ab- stands- und Hygieneregeln während der Pandemie auch grundsätzlich eine Verringerung anderer Infektio- nen zur Folge hatten. Ein Zusammenhang mit der Gabe antiinflammatorischer Medikamente konnte hingegen nicht bestätigt werden. Auch Frühgeburten und Schnittentbindungen konnten nicht in Zusammenhang mit einem er- höhten Auftreten von MIH gebracht werden. nl Grafik: Barmer-Zahnreport 2021 Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) ist neben Karies die häufigste Zahnerkrankung bei Kindern, wobei über die Ätiologie bislang nur wenig bekannt ist. Dabei steht die Verordnung von Antibiotika in einem erkennbaren Zusammenhang mit dem Auftreten von MIH. Allerdings ist noch unklar, wie genau dieses Zusammenwirken funktioniert. POLITIK | 59
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