Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 111, Nr. 12, 16.6.2021, (1173) ber, hohe Infektparameter oder Vor- erkrankungen sprechen für eine intra- venöse Antibiotikagabe im Rahmen eines stationären Aufenthalts. Die häufigsten Erreger sind Staphylo- kokken und Streptokokken, die zum residenten oder transienten Haut- mikrobiom zählen. Es wird eine hochdosierte antibiotische Therapie über einen längeren Zeitraum emp- fohlen, beispielsweise Amoxicillin/ Clavulansäure 875/125 mg drei- bis viermal täglich über 15 Tage, in anderen Therapieregimen wird eine antibiotische Abdeckung sogar für bis zu sechs Wochen angeraten [Urdiales-Gálvez et al., 2018]. Das Problem der Komplikation durch einen permanenten Filler ist, dass Abszesseröffnungen, Spül-, Drainage- therapie und Antibiose keine ur- sächliche Therapie des Infektions- geschehens darstellen, da das infizierte Fremdmaterial weiterhin im Patien- ten verbleibt. Nur eine ausgedehnte chirurgische Entfernung behebt auch die zugrunde liegende Ursache. Die radikale chirurgische Befundausräu- mung sollte jedoch immer die letzte Option darstellen, da sie meist keine ästhetisch zufriedenstellenden Ergeb- nisse liefert. Im entzündungsfreien Intervall kön- nen bei Granulomen aufgrund eines Permanent-Fillers intraläsionale Glu- kokortikoid- oder Fluoruracil-Injek- tionen eine Befundbesserung herbei- führen [Beleznay et al., 2015; Chiang et al., 2017; Narins et al., 2009]. Dem gegenüber kann bei temporären Hya- luronsäure-Fillern mit Hyaluronidase- Injektionen ein enzymatischer Abbau des Fillers und damit eine kausale Therapie erreicht werden. Dies sollte jedoch im ebenfalls symptomfreien Intervall erfolgen und keine Therapie- option während eines akuten Infekt- geschehens sein [Rzany et al., 2015]. Konservative oder minimalinvasive therapeutische Ansätze sind jedoch oft langwierig und die Ergebnisse nicht immer zufriedenstellend, so dass nach einer erfolglosen lokalen Therapie die chirurgische Entfernung des Fillers die letzte Option darstellt. Bei protrahierten Verläufen über mehrere Wochen und besonders dann, wenn bei vermeintlich adäquater Therapie keine Befundbesserung ein- tritt, muss immer auch ein malignes Geschehen ausgeschlossen werden. Hierbei ist essenziell, eine repräsen- tative Gewebeprobe zu gewinnen und diese einer histopathologischen Untersuchung zuzuführen. Bei Haut- veränderungen im Bereich des Ge- sichts muss vor allem an Basalzellkar- zinome oder kutane Plattenepithel- karzinome und deren Vorläuferläsion, die aktinische Keratose, gedacht wer- den [Lang et al., 2018; Berking et al., 2020; Breitbart et al., 2020]. \ OBERSTARZT PROF. DR. DR. RICHARD WERKMEISTER Klinik VII; Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Bundeswehrzentralkrankenhaus Rübenacherstr. 170, 56072 Koblenz Foto: BwZKrhs Quelle: BwZKrhs Koblenz Abb. 3: MRT Kopf/Hals in sagittaler Schicht: Zu erkennen ist eine subkutane Abszessforma- tion mit diffuser entzündlicher Veränderung der rechtsseitigen Wangenweichteile (weißer Pfeil). Abb. 4: MRT Kopf/Hals in axialer Schicht: Die hyperintensen Strukturen im Wangen- bereich beidseits sind mit dem Jahre zuvor eingebrachten Filler zu vereinbaren. Die hypo- intense rundliche subkutane Struktur im Bereich der rechtsseitigen Wange zeigt eine Abszess- formation (weißer Pfeil). Quelle: BwZKrhs Koblenz FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Der Patientenfall zeigt, welche Ausmaße ein vermeintlich kleiner, risikoarmer Eingriff nach mehreren Jahren noch annehmen kann. \ Eine fundierte Fachkenntnis mit detaillierten Kenntnissen der fazialen Anatomie, eine der Fillertherapie vorausgehende ausführliche Anamnese und klinische Untersuchung des Patienten sowie ein sicherer Umgang mit den verwendeten Therapeutika sind Grundvoraussetzungen für den Erfolg bei geringstmöglicher Komplikationsrate ästhetischer Behandlungen. \ Falls dennoch eine Komplikation eintritt, sollte der Behandler diese erkennen und therapieren können. \ Bei schwerwiegenden Komplikationen kann eine Zuweisung an eine Klinik erfolgen. \ Eine frühzeitige Diagnostik und die geeignete Therapie beeinflussen die Prognose entscheidend. ZAHNMEDIZIN | 79

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=