Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 111, Nr. 12, 16.6.2021, (1178) shop) oder beteiligt sie sich an einer Gesellschaft, die gewerbliche Ein- künfte erzielt, führt dies zur gewerb- lichen Infizierung aller Einkünfte. Die Einkünfte werden lediglich dann nicht gewerblich, wenn die Ein- nahmen (nicht der Gewinn) aus der eigenen gewerblichen Tätigkeit wenigerals drei Prozent der Gesamt- umsätze der Praxis und weniger als 24.500 Euro pro Jahr betragen. Als Gestaltungmöglichkeit bietet sich an, eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft zu gründen, die die gewerblichen Tätigkeiten übernimmt. Alternativ könnte diese Tätigkeit auch ins Son- derbetriebsvermögen eines Gesell- schafters verlagert oder auf einen Ehegatten ausgelagert werden. Dies sollte mit dem Steuerberater abge- stimmt werden. Mehrere Standorte einer Praxis Gerade größere Praxen gehen dazu über, mehrere Standorte zu betreiben. Hier ergibt sich häufig ein gewerbe- steuerliches Problem durch ange- stellte Zahnärzte. Grundsätzlich sind Zahnärzte berechtigt, sich der Mit- hilfe angestellter Zahnärzte zu be- dienen. Voraussetzung ist jedoch, dass diese aufgrund eigener Fach- kenntnisse leitend und eigenverant- wortlich tätig werden. Die beiden letztgenannten Punkte führen in der Praxis häufig zu Problemen. Sämtliche Standorte, an denen ange- stellte Zahnärzte tätig sind, sollten intensiv betrachtet werden. Die tat- sächliche Leitung und Überwachung der angestellten Zahnärzte muss dokumentiert werden (etwa durch Ausdrucke des Kalenders des Praxis- inhabers, durch Sichtvermerke des Inhabers oder wöchentliche Arbeits- planungen), um sämtliche Risiken auszuschließen. Die Erfahrungen der Autoren haben gezeigt, dass sich Betriebsprüfer selbst bei einer Einzel- praxis mit nur einem angestellten Zahnarzt erklären lassen, wie die Überwachung gewährleistet wird. Beispiel: Eine große Zahnarztpraxis mit mehreren Gesellschaftern eröff- net einen neuen Standort. Da keiner der Gesellschafter diesen Standort führen möchte, wird ein angestellter Zahnarzt eingestellt, der den Standort eigenständig leitet. In diesem Fall kann die Überwachung des Angestell- ten nicht sichergestellt werden. Der Gewinn des Standorts wäre gewerb- lich und durch die besonderen Vor- schriften bei Gemeinschaftspraxen wäre der gesamte Gewinn der BAG gewerblich infiziert. Risiko der sogenannten Nullbeteiligungsgesellschafter Eine „Nullbeteiligung“ sollte steuer- lich richtig gestaltet werden, da auch diese von Betriebsprüfern immer wie- der unter die Lupe genommen wird. Für eine anerkannte Gesellschafter- stellung in einer Mitunternehmer- schaft muss jeder Partner eine Mit- unternehmerinitiative haben und das Mitunternehmerrisiko tragen. Das be- deutet, dass er eine erfolgsabhängige Vergütung bekommen muss, Anteile am Zuwachs der stillen Reserven seit seinem Eintritt erhält und auch eine Beteiligung an der Geschäftsführung haben muss. Es darf kein vollständi- ger Haftungsausschluss für einzelne Partner vorliegen und jeder muss auch an einem (theoretischen) Ver- lust beteiligt werden. Ist eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, gilt der „Partner“ steuerlich als Angestellter – und damit ist der gewünschte Zweck verfehlt. Insbesondere wird bei Ge- meinschaftspraxen dann aufgrund einer wohl nicht mehr erfolgten Überwachung des Gesellschafters, der steuerlich plötzlich als Angestellter gilt, eine gewerbliche Infizierung un- vermeidbar sein. Der Nullbeteiligungsgesellschafter stellt für den steuerlichen Berater eine große Herausforderung dar. Be- stehende Verträge sollten insbesondere im Hinblick auf eine rein umsatz- abhängige Gewinnverteilung kritisch überprüft und gegebenenfalls ange- passt werden. Neben den oben ge- nannten steuerrechtlichen Voraus- setzungen sind auch immer die be- rufsrechtlichen Vorschriften und die Vorgaben der KZVen zu beachten, die unter Umständen einen Gesellschaf- ter mit null Prozent nicht als echten Gesellschafter einer Berufsausübungs- gemeinschaft anerkennen. FAZIT Die steuerliche Beratung von Zahn- ärzten wird komplexer. Immer mehr Bundesländer gehen dazu über, Be- triebsprüfer speziell zu schulen. Die größten Gefahrenquellen sind hierbei die Abgrenzung umsatzsteuerpflich- tiger von umsatzsteuerfreien Leis- tungen und die Gefahr der Gewerb- lichkeit von Gemeinschaftspraxen. Diese Themen sollten regelmäßig gemeinsam mit dem Berater be- sprochen werden, damit Vorsichts- maßnahmen getroffen und Doku- mentationen vorgenommen werden können, die die Steuerfallen von Beginn an minimieren. \ MARCEL NEHLSEN Steuerberater, Diplom-Finanzwirt & Fachberater für das Gesundheitswesen Kanzlei Laufenberg Michels und Partner, Köln Nehlsen@laufmich.de Foto: privat STEUERLICHE BRENNPUNKTE (1 UND 2) Die Autoren fassen in zwei Teilen die wichtigsten steuerlichen Brennpunkte zusammen, die von Betriebsprüfern in der Praxis immer wieder aufgegriffen werden. Unterschieden wird zwischen Prüfungsschwerpunkten, die Einzel- und Gemeinschaftspraxen (BAG) betreffen, und solchen, die nur Gemeinschaftspraxen betreffen. Im ersten Teil (zm 11/2021, S. 80–82) ging es um die Umsatzsteuer, während sich der zweite Teil mit Prüfungs- schwerpunkten abseits der Umsatzsteuer beschäftigt. 84 | PRAXIS

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