Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13
zm 111, Nr. 13, 1.7.2021, (1236) DAS DIGITALE 3-D-MODELL ALS „01-KORRELAT“ – EIN NAHES ZUKUNFTSSZENARIO Da der Intraoralscan beim bezahnten Kiefer mit den Scannern der neuen Generation sehr anwenderfreundlich ist und ein Befundscan im Standard- fall von einer einzigen Person durch- geführt werden kann, ist es in einigen Praxen, in denen ohnehin Intraoral- scanner vorhanden sind, mittlerweile üblich, anlässlich der jährlichen Rou- tinekontrolle auch einen 3-D-Scan zu erstellen. Zusätzlich werden zurzeit ein 01-Befund und ein Parodontal- screening durchgeführt. Der 01-Befund und der Intraoralscan stellen eine sich zum Teil überschneidende Doppel- dokumentation dar. Zu erwarten ist, dass es möglich sein wird, in den Intraoralscan eine Art Vorbefund zu integrieren: Nach automatisierter Zahnschema-Identifikation können Restaurationen anhand der licht- optischen Erfassung aufgrund der unterschiedlichen Oberflächeneigen- schaften von natürlicher Zahnhart- substanz abgegrenzt und sogar in ihrer Art identifiziert werden. Der Behand- ler muss jetzt noch die Suffizienz der Restaurationen klinisch überprüfen. In einigen Intraoralscannern sind Sys- teme auf Basis der Transilluminations- und der Fluoreszenzmethodik zur Ka- riesdetektion auf natürlichen Zahn- hartsubstanzflächen bereits integriert [Suese, 2020]. Auch der parodontale Gesamtbefund beziehungsweise ein- zelne kritische Sulkussondierungstiefen könnten ins 3-D-Modell in Echtzeit integriert und vor allem in Relation zum Gingivaverlauf visualisiert werden (Abbildung 6). Ebenso könnten digitale 2-D-Röntgenbilder einbezogen werden. Dieser nun in 3-D visualisierte Befund des Patienten wird über eine entspre- chende Schnittstelle in der elektro- nischen Karteikarte gespeichert. Durch das jährliche Befundupdate können die 3-D-Befundmodelle in einer Timeline eingeblendet werden. Jetzt können die interessierenden Teilaspekte wie zum Beispiel die Sulkussondierungstiefen ausgewählt und deren Entwicklung über die Zeit durch Überlagerung visualisiert werden. Natürlich ist hier auch die Implementierung einer auto- matisierten Hilfestellung zur Erken- nung von Veränderungen denkbar. Auf diese Weise gelingt ein zuverlässiges, schnelles und anwenderfreundliches computergestütztes 3-D-Monitoring unserer Patienten über die Zeit. DAS DIGITALE 3-D-MODELL UND DER CODIERTE PATIENT Mögliche und wünschenswerte Entwicklungen Voraussetzung für die Integration aller intraoralen Befunde im drei- dimensionalen Modell ist die Einbet- tung des Intraoralscanners unabhän- gig vom Hersteller in die jeweilige Praxisverwaltungssoftware. Dies be- deutet, dass beim Einschalten des Scanners sämtliche Patientendaten ausgetauscht werden können: Die Karteikarte des Patienten und die Scannersoftware sind stets auf dem- selben Stand, eine getrennte Eingabe von Personendaten ist nicht mehr notwendig. Anamnesen, allgemein- medizinische Befunde, zahnmedizi- nische Befunde und auch Texteinträge werden in ein allgemeingültiges maschinenlesbares Format kodiert. DYNAMISCHES DIGITALES MODELL (DDM) Die visionäre Idee des DDM ist in einer Arbeitsgruppe aus Hochschulmitarbeitern, engagierten Zahnärzten und Industrievertretern rund um den AG-Keramik-Vorstands- vorsitzenden Dr. Bernd Reiss entstanden. Im Mittelpunkt steht die Möglichkeit, mit einem Intraoralscanner zu jedem zahnärztlichen Recall ein 3-D-Modell der Gebisssituation der Patienten zu erstellen und dieses mit den vorangegangenen Scanmodellen zu vergleichen. Auf diese Weise entsteht ein engmaschiges Monitoring, das Veränderungen frühzeitig identifiziert. Über die Einbindung allgemeinmedizinischer Daten und gegebenenfalls von Algorithmen künstlicher Intelligenz lassen sich weitergehende diagnostische und therapeutische Informationen generieren. Die Implementierung eines solchen Konzepts könnte die zahnärztliche Arbeit signifikant erleichtern und die Patienten- versorgung verbessern, wobei die durch die Digitalisierung und Datenverknüpfung entstehenden Möglichkeiten in ihrer Gänze heute noch gar nicht absehbar sind. Abb. 6: Kombination des parodontalen und des dentalen Monitorings 34 | ZAHNMEDIZIN
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