Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm 111, Nr. 14, 16.7.2021, (1329) Er will anders arbeiten, anders führen, redet anders, setzt andere Prioritäten. Er will mitgestalten und sich dabei selbst verwirklichen. Er fordert Handlungsspiel- raum, Verantwortung und Akzeptanz. Ungeachtet des- sen muss er sich erst daran gewöhnen, dem Vergleich zum Senior standzuhalten – und dass es seine Zeit dauern wird, bis Personal und Patienten ihn als neuen Chef akzeptieren. Der Wechsel an sich ist auch nicht frei von potenziellen Konflikten. Denn welche Kriterien eine Praxis erfüllen sollte, beantworten Jung und Alt oft unterschiedlich. So achtet die neue Generation bei der Praxisübernahme vor allem auf wirtschaftliche Faktoren wie Erfolgsaussichten (97 Prozent), gute Lage und Anbindung (97 Prozent) und einen angemessenen Verkaufspreis (96 Prozent). Auch eine positive Einschätzung des bisherigen Teams und der Patienten beziehungsweise Kunden sind ihnen wichtig. Letzteres ist gemeinsam mit der Konkurrenz- situation gerade für Nachwuchsapotheker und -zahnärzte relevant. Die Praxen der Abgeber erfüllen diese Voraussetzungen so größtenteils jedoch nicht. Dafür haben sie oftmals einen guten Ruf und ein eingespieltes Team zu bieten. Die Älteren werten daher vor allem die Reputation (97 Prozent) als zentralen Pluspunkt für die eigene Nie- derlassung. Insgesamt bereitet das Auffinden eines geeigneten Übernehmers 83 Prozent der Abgeber die größten Bauchschmerzen. Fast drei Viertel von ihnen äußerten Bedenken, ihr Lebenswerk in guten Händen zu wissen, und 70 Prozent fanden es schwierig, einen guten Verkaufspreis zu erzielen. TROTZDEM KANN MAN VIEL VONEINANDER LERNEN Wie kann man diese unterschiedlichen Sichtweisen zusammenbringen? Beide Generationen müssen „Hand in Hand arbeiten“, lautet das Fazit der apoBank. „Ganz konkret bedeutet das, sich möglichst zu Beginn der Übergabe gemeinsam an einen Tisch zu setzen und einen Zeit- und Maßnahmenplan zu erarbeiten“, sagt Daniel Zehnich, Direktor und Leiter des Bereichs Ge- sundheitsmärkte und -politik bei der apoBank. Inklusive fixem Ausstiegsdatum des Seniors. Sinnvoll sei eine Übergangsphase, in der Junior und Senior Seite an Seite in der Praxis stehen. So könne der Übernehmer die Prozesse kennenlernen und nach und nach Verantwortung und Patienten übernehmen, während der Abgeber langsam seine Wochenstunden zurückfährt und fließend in den Ruhestand übergeht. Zehnich: „Damit das funktioniert, steht Transparenz über allem: klare Absprachen, klare Zuständigkeiten, klare Kommunikation.“ Veränderungen sollten peu à peu und im gegenseitigen Einverständnis angegangen werden. „Gehen die Meinungen auseinander, hilft es, sich die Eigenschaften der anderen Generation bewusst zu machen, diese zu akzeptieren und Differenzen offen und wertschätzend zu hinterfragen“, betont Zehnich. „Für eine funktionierende Zusammenarbeit sind Kom- promisse notwendig, Fehler erlaubt und Vorurteile fehl am Platz.“ ck Zur Methodik: Die apoBank führte die Online-Befragung „Generationswechsel Heilberufler“ im Juli und August 2020 mit DocCheck Research durch. Befragt wurden 800 Heilberufler zwischen 25 und 70 Jahren, davon jeweils 200 Hausärzte, Fachärzte, Zahnärzte und Apotheker. Der Altersdurchschnitt lag bei 50,1 Jahren. Das Alter der Babyboomer betrug im Mittel 61,2 Jahre, das der nachwachsenden Generation Y 39 Jahre. TYPISCH SENIOR, TYPISCH JUNIOR \ Typisch Senior: Die älteren Befragten ordnen der eigenen Generation vor allem konservative Eigenschaften zu. Sie beschreiben sich als besonnen (78 Prozent), patientenbezogen (74 Prozent), sicherheitsorientiert (71 Prozent) und konventionell (65 Prozent). Zwei Drittel sehen sich eher als Einzelkämpfer denn als Teamplayer und 59 Prozent arbeiten lieber analog. 55 Prozent bewerten die eigene Heilberufsgeneration als eher karriere- statt familienorientiert. Im Vergleich schätzen sich die Hausärzte als besonders patientenorientiert ein, die Fachärzte zeigen sich verstärkt zukunftsorientiert. Die Zahnärzte sehen sich eher als Individualisten und sind im Vergleich zu ihren Kollegen deutlich therapiebezogener. Gut die Hälfte der Apotheker ab 50 Jahren beschreibt sich im Gegensatz zu den anderen Gruppen eher als digital. \ Typisch Junior : Im Gegensatz dazu hält sich der Großteil der jüngeren Heilberufsgeneration für zukunftsorientiert (88 Prozent) und digital (81 Prozent). Der Teamgedanke steht bei über 60 Prozent im Vordergrund und 65 Prozent finden ihre Generation eher familien- und freizeit- orientiert. Im Vergleich zur älteren Generation sind sie unkonventioneller, impulsiver und zukunfts- getriebener. Dabei sind junge Hausärzte im Vergleich stärker auf das Budget fokussiert, während ihre fachärztlichen Kollegen weitaus bedürfnisorientierter agieren. Junge Zahnärzte arbeiten sehr digital und knapp die Hälfte der Y-Apotheker stellt Karriere vor Familie. PRAXIS | 31

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