Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm 111, Nr. 14, 16.7.2021, (1365) Frage: Reicht es, wenn ich die Konformitätserklärung und die Pflegehinweise in der Karteikarte des Patienten ablege? Die Pflicht zur Erstellung einer Konformitätserklärung besteht aus folgendem Grund: Generell ist die Marktzugangsvoraussetzung für ein Medizinprodukt die CE-Kennzeich- nung. Für Sonderanfertigungen, wie sie im zahntechnischen Labor herge- stellt werden, gilt eine Ausnahme und somit keine CE-Kennzeichnungs- pflicht. Stattdessen ist es jedoch ver- pflichtend – als Ersatz sozusagen –, eine individuelle Konformitäts- erklärung zu jeder Sonderanfertigung auszustellen. Sowohl das gewerbliche Labor als auch das praxiseigene Labor stellen also für jeweils ihren Teil des Werk- stücks die Konformitätserklärung aus. Diese gilt es dem Patienten zusammen mit der Rechnung zu übergeben, um bescheinigen zu können, dass das Medizinprodukt oder die Sonder- anfertigung, die dem Patienten einge- gliedert oder übergeben wurde, MDR- konform hergestellt wurde. Weiter hat jeder Hersteller die Pflicht, zu sei- nem Produkt eine Gebrauchs-(Pflege-) anleitung an den Endverbraucher zu übergeben. Wir kennen so etwas im privaten Bereich als Waschzettel an Handtüchern oder Kleidungsstücken oder als Bedienungsanleitung bei Geräten oder Autos. Es ist also nicht ausreichend, die Kon- formitätserklärung und die Pflege- hinweise ausschließlich in der Kartei- karte zu archivieren, sondern diese werden vielmehr an den Patienten ausgehändigt. Frage: Welche Materialien muss ich in der Karteikarte dokumentieren? Stimmt es, dass ich keine Chargennummern reinschreiben muss? Alle Materialien, die länger als 30 Tage im Mund des Patienten verbleiben, sind von Ihnen mittels eines Systems rückverfolgbar zu dokumentieren. Dies betrifft ausschließlich Materia- lien, die nicht ausgespült, ausge- spuckt oder vom Körper abgebaut werden, wie zum Beispiel Dontisolon, Ätzgel oder Anästhetikum. Rückver- folgbar müssen jedoch die Chargen zum Beispiel von Füllungsmaterialien (Kunststoff oder Zement), Unterfül- lungsmaterialien, Würzelfüllungs- materialien und Stiften sein. Als Regel und zur eigenen Prüfung gilt immer: Verbleibt das Material länger als 30 Tage im Mund des Patienten? Es ist dabei richtig, dass es nicht zwingend erforderlich ist, jede ein- zelne Charge in der Karteikarte zu do- kumentieren, wenn ein entsprechend rückverfolgbares System implemen- tiert wurde und anhand der Doku- mentation die verwendete Charge nachvollziehbar ist. Frage: Ich habe ein vollständiges QM-System für meine Praxis. An welcher Stelle findet das Labor Berücksichtigung? Mit dem zahntechnischen Labor wird mittels Produktion von Sonderanfer- tigungen die Rolle eines Herstellers gemäß MDR übernommen. In die- sem Sinne schreibt die MDR ein voll- ständiges Qualitätsmanagement vor. Dieses QM betrifft nicht nur die Pra- xis als Anwender und Betreiber, son- dern eben in erster Linie das Labor als Hersteller. Für das (Eigen-)Labor muss deshalb ein vollständiges Qualitätsmanage- mentsystem mit Themen wie Risiko- management, Fehlermanagement, Ablauf- und Aufbauorganisation und Hygienemanagement implementiert werden. Dies kann zum Beispiel als Modulerweiterung des praxiseigenen QMS erfolgen. Frage: Was hat es mit dem Sicherheitsbericht auf sich? Als Hersteller von Medizinprodukten ist ein System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen ins vorhandene QM zu integrieren. Der Sicherheits- bericht ist davon ein Bestandteil und beinhaltet zusammengefasst alle Er- gebnisse von Analysen, die der Her- steller durchzuführen hat. Dazu zählen Korrektur- und Präventivmaßnahmen an Produkten, die bereits eingeglie- dert sind; die Anzahl an Personen, bei denen eine Sonderanfertigung herge- stellt wurde sowie die Schlussfolgerung aus einer Nutzen-Risiko-Abwägung. Ein solcher Sicherheitsbereich ist für Produkte der Risikoklasse IIa mindes- tens alle zwei Jahre zu erstellen. FAZIT Nutzen Sie die MDR und führen Sie diese Prozesse als „kontinuierliches Verbesserungssystem“ ein. Jemand muss sich darum kümmern, jede wei- tere Gesetzesneufassung wirft „un- umkümmert“ eine Menge Arbeit auf. Ganz zu schweigen von den Anpas- sungen des Gesetzgebers oder der Ge- richte, die auf einer schon eingeführ- ten Verordnung oder einem Gesetz fußen. Wenn Sie sich damit nicht in der Tiefe beschäftigen wollen, gibt es Dienstleister, die dafür sorgen, dass diese Prozesse, das QM und alles, was dazu gehört, regelmäßig auf dem am besten zu praktizierenden Stand sind, so dass sich die Zahnärztin oder der Zahnarzt nicht kümmern muss. \ In diesem Sinne ... Ihr Christian Henrici zusammen mit Katja Effertz, Mitglied im Team Praxisflüsterer Ein Quickcheck zum Thema MDR finden Sie hier: www.opti-hc.de/2021/03/ 26/mdr-zahn-arztpraxis/ CHRISTIAN HENRICI – DER PRAXISFLÜSTERER Mit der Erfahrung aus mehr als 3.200 umfassenden zahnärztlichen deutschlandweiten Mandaten in knapp fünfzehn Jahren beantwor- tet der Praxisexperte und Haupt- gesellschafter der „OPTI health consulting GmbH“ Fragen von Mandanten und Lesern zum Unternehmen Zahnarztpraxis. Der Einblick in seinen „Praxis“-Alltag soll Lösungsansätze aufzeigen, um Problemen in der Praxis so früh wie möglich begegnen zu können. Oder besser – um diese gar nicht erst entstehen zu lassen. PRAXIS | 67

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