Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14
zm 111, Nr. 14, 16.7.2021, (1373) fränkischen Gauen. Da ich keinesfalls das mittlerweile sechste Rad am Wagen der Würzburger Chirurgie sein wollte, blieb mir nicht anderes übrig, als mich an einem gut ent- wickelten Knotenpunkt außerhalb des städtischen Einzugsgebiets anzu- siedeln. Am Ende fiel die Wahl auf Ochsenfurt am Main mit 11.000 Ein- wohnern, 20 Kilometer von Würz- burg entfernt. Eine oralchirurgische Überweiserpraxis gab es im gesamten ländlichen Umfeld bisher nicht. Da- für fünf Zahnarztpraxen im Ort und 15 weitere im Umkreis. Dort konnte ich ein familieneigenes Gebäude zu auf meine Bedürfnisse zugeschnit- tenen Praxisräumen umbauen. Das stellte ich mir allerdings einfacher vor, als es war. Die übliche Warnung, dass ein solches Unterfangen mindestens zwei Jahre dauern würde, quittierte ich zunächst noch mit einem Lächeln und dem festen Entschluss, es einfach schneller zu machen. Doch beim ersten Treffen mit dem Architekten und dem Depot- planer Anfang 2019 war schnell klar: Das wird kompliziert und teuer! Al- lein das Warten auf Gutachten und Genehmigungen zum Brandschutz und zur Statik war ermüdend. Schließlich wurden erste Pläne ge- zeichnet und im Februar 2020 be- gannen die Trockenbauer, die Wände in den bis dato unausgebauten Dach- stuhl zu setzen. Und während die Wände wuchsen, der Rohbau Form und Struktur annahm ... veränderte sich die Welt. Auch in Unterfranken schien nichts mehr kalkulierbar zu sein in der nächsten Zeit. Warum musste ich mich gerade jetzt in ein solches Abenteuer stürzen?! BEKOMMEN HANDWERKER AUCH CORONA? Die Gewerke kamen zur Sicherheit nur auf die Baustelle, wenn die anderen Handwerker zu Hause blieben. Die Geschwindigkeit und der Austausch zwischen den Handwerkern kamen vollkommen zum Erliegen. Neben dem Architekten, der gut genug ver- netzt war, um die Firmen halbtage- weise zu koordinieren, war der eigene Einsatz gefragt: Nach dem Dienst musste ich täglich auf die Baustelle, um mit allen die nächsten Schritte zu zu besprechen, angetrieben von der Zuversicht, dass es vorwärts geht. Als der Trockenbauer wegen einer langen Krankheit seines Kollegen über Wochen allein dastand und im Juni praktisch nichts passierte, wurde mir erstmals mulmig. Auch die Vokabel „Lieferkette“ musste ich im Zuge ihres Abreißens erstmals genau zur Kenntnis nehmen. Zu diesem Zeit- punkt konnte niemand ahnen, dass die Fenster bis zum Winter auf sich warten lassen und die Heizkörper erst zu Weihnachten ausgeliefert werden. So lernt man Flexibilität. Aber es ging irgendwie voran. Schritt für Schritt. Zeitgleich richtete ich imaginär schon die Praxis ein, traf Kaufentscheidungen aus dem Bauch heraus, weil von einem auf den anderen Tag die Produktion pausie- ren könnte und der so wichtige Zahnarztstuhl vielleicht nicht recht- zeitig geliefert würde. Apropos: Wann ist eigentlich rechtzeitig? Spätestens mit der Beantragung des Kassensitzes musste ich das Eröff- nungsdatum festlegen. Ab diesem Punkt gibt es kein Zurück mehr. Bis zu diesem Tag war ich hauptsäch- lich meiner Angestelltentätigkeit im öffentlichen Dienst nachgegangen, aber nun musste ich den entschei- denden Schritt wagen und kündigen! Hinein in die Unsicherheit – vor Erreichen der Zielgeraden. GEHT DAS ÜBERHAUPT – AKQUISE MIT FFP2-MASKE? Schon im vergangenen Jahr hatte ich mich mit einer lokalen Marketing- Agentur in Verbindung gesetzt, um eine Corporate Identity samt Logo sowie eine Homepage zu erstellen. Das Projekt lag Corona-bedingt eben- falls brach. Wie jedoch sollte ich Wer- bung in eigener Sache machen? Eine Neugründung auf dem Land muss schließlich gut beworben sein! Genau hier fingen meine Bedenken an. Hatte ich bisher dank fähiger Handwerker und dem Quantum Glück die Baustelle schon gut vorangebracht, fehlte mir noch jeglicher Kontakt zu den Leuten, die mir aus Vertrauen und Überzeugung ihre Patienten an- vertrauen. Ab Oktober begann ich Hier muss noch ein Aufzug hin. Für die Barriere- freiheit wird ein moderner Lift in das alte Haus gebaut, der die Patienten in die Praxis unterm Dach bringt. Foto: privat Ein tolles Gefühl! Nach all den Hindernissen und Corona wurden endlich das Praxislogo und der Name an der Fassade angebracht. Wenn die Handwerker Corona-bedingt ausfielen, habe ich auch mal selbst mit angepackt. Foto: privat Foto: privat PRAXIS | 75
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