Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 111, Nr. 15-16, 16.8.2021, (1437) HARVARD SCHOOL OF DENTAL MEDICINE KI erkennt Risiko von Zahnverlust Forscher der Harvard School of Dental Medicine in Boston haben mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) ein Tool entwickelt, das das Risko von Zahnverlust ohne eine zahnärztliche Untersuchung vorhersagen kann. N eue Forschungsergebnisse der Harvard School of Dental Medicine (HSDM) legen nahe, dass KI dabei helfen kann, Personen mit dem größten Risiko für Zahnverlust zu identifizieren – damit sie dann für weitere zahnärztliche Untersuchungen überwiesen werden, um frühzeitige Interventionen sicherzustellen. In der Studie wurden fünf Algorithmen verglichen, die eine unterschiedliche Kombination von Variablen zur Risikoerkennung verwendeten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Algorithmen, die medizinische Merkmale zusammen mit sozioökonomischen Variablen wie Rasse, Bildung, Arthritis und Diabetes kombinierten, besser abschnitten als diejenigen, die sich nur auf klinische Zahnindikatoren stützten. Die Forscher verwendeten Daten von fast 12.000 Erwach- senen aus dem National Health and Nutrition Examina- tion Survey, um die fünf KI-Algorithmen zu entwickeln und daraufhin zu testen, wie gut sie sowohl den voll- ständigen als auch den zunehmenden Zahnverlust bei Erwachsenen auf der Basis sozioökonomischer, gesund- heitlicher und medizinischer Merkmale vorhersagten. DIE KI SOLL IM VORFELD DIE RISIKOPATIENTEN IDENTIFIZIEREN Dabei wurden die Algorithmen so entwickelt, dass sie das Risiko ohne eine zahnärztliche Untersuchung einschätzen können. Jeder, der ein hohes Risiko für Zahnverlust hat, müsse sich nachfolgend einer Untersuchung unterziehen, stellten die Forscher klar. „Unsere Analyse hat gezeigt, dass zwar alle KI-Modelle nützliche Prädiktoren für das Risiko sein können, dass aber diejenigen, die sozioökonomische Variablen einbe- ziehen, besonders leistungsfähige Screening-Tools sein können, um Personen mit erhöhtem Risiko für Zahn- verlust zu identifizieren“, sagte Studienleiterin Hawazin Elani, Assistenzprofessorin für Mundgesundheit und Epidemiologie an der HSDM. Der Ansatz könnte zur Untersuchung von Menschen auf der ganzen Welt und in einer Vielzahl von Gesundheitseinrichtungen ver- wendet werden, auch von Nicht-Zahnärzten, fügte sie hinzu. Diese Modelle – die sozioökonomische Merkmale ein- beziehen – sind besser „als diejenigen, die sich allein auf klinische Routine-Zahnindikatoren verlassen“, berichtete Elani. „Diese Arbeit unterstreicht die Bedeutung der sozialen Determinanten der Gesundheit. Die Kenntnis des Bildungsniveaus, des Beschäftigungsstatus und des Einkommens des Patienten ist für die Vorhersage von Zahnverlust genauso relevant wie die Beurteilung des klinischen Zahnstatus.“ NACH DEM KI-SCREENING FOLGT DANN DER ZAHNARZTBESUCH Viele Menschen mit Zahnerkrankungen suchten erst einen Zahnarzt auf, wenn der Prozess weit über den Punkt hinaus fortgeschritten sei, an dem ein Zahn zu retten ist. Genau hier könnten Screening-Instrumente helfen, die Patienten mit dem höchsten Risiko zu identifizieren und sie zur weiteren Untersuchung zu überweisen. ck Elani HW, Batista AFM, Thomson WM, Kawachi I, Chiavegatto Filho ADP (2021): Predictors of tooth loss: A machine learning approach. PLoS ONE 16(6): e0252873. doi.org/10.1371/journal.pone.0252873 Foto: Adobe Stock_alexisdc Zahnverlust wird oft als natürlicher Teil des Alterns akzeptiert, aber was wäre, wenn es einen Weg gäbe, diejenigen, die am anfälligsten sind, besser zu identifizieren, ohne dass eine zahnärztliche Untersuchung nötig ist? ZAHNMEDIZIN | 35

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