Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 111, Nr. 15-16, 16.8.2021, (1455) Das bedeutet konkret, dass sich die jungen Zahnärztinnen und Zahnärz- te nicht zwangsläufig von ihren Vor- gängergenerationen unterscheiden. Die Einstellungen der Generation Y werden nämlich durch weitere Ein- flüsse überlagert. Hier ist die familiä- re Sozialisation, etwa durch zahn- ärztlich tätige Eltern, ebenso wirk- sam wie die berufliche Sozialisation im Studium sowie in der Assistenz- zeit. Auch einschneidende Ereignisse, so- genannte Periodeneffekte, können sich auf die beruflichen Einstellun- gen und Verhaltensweisen auswir- ken. So könnte auch die Corona- Pandemie beispielsweise deutliche Spuren im Hinblick auf künftige be- rufliche Entscheidungen der jungen Menschen hinterlassen. Und wo gibt es große Übereinstimmungen? Das knüpft an die vorherige Frage an. Die Studie konnte verdeutlichen, dass sich das zahnärztliche Berufsbild über die Jahre nur wenig verändert hat, es finden sich kaum gänzlich neue Trends. Die Übereinstimmungen zwi- schen den Generationen überwiegen insofern. Der – im Unterschied zu den anderen ärztlichen Berufsgruppen – ver- gleichsweise homogene zahnärztliche Berufsstand zeichnet sich dadurch aus, dass der Wunsch nach einer be- ruflichen Betätigung in der Patien- tenversorgung generationenübergrei- fend sehr ausgeprägt ist. Hier scheren nur wenige aus, dies gilt insbesondere für die jüngere Generation. Welche Ergebnisse haben Sie am meisten überrascht? Ich muss gestehen, dass wir den Ein- fluss der Generationenzugehörigkeit zu Beginn unserer Längsschnittstu- die als wesentlich wirksamer ein- geschätzt hatten. Die Stabilität vie- ler beruflicher Einstellungen und Verhaltensmuster im Zeitverlauf hat uns in der Tat überrascht. Deutlich wurde aber im Verlauf der Studie auch, wie stark veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen die beruflichen Entscheidungen be- einflussen können. War bis ins Jahr 2006 noch die Niederlassung abso- lut bestimmend, so ist seit dem Jahr 2007 infolge der vielfältigen Mög- lichkeiten einer Anstellung eine deutlich gedämpfte Niederlassungs- neigung erkennbar. Die Generatio- nenzugehörigkeit scheint in dieser Frage erstaunlicherweise keinen be- stimmenden Einfluss zu haben. Junge Zahnärztinnen und Zahnärzte gehen zumindest zu Beginn ihres Berufslebens immer häufiger in die Anstellung. Gleich- zeitig scheinen sie zunehmend mit dem Begriff der Freiberuflichkeit zu fremdeln. Gibt es aus Ihrer Sicht eine Verbindung? Durchaus. Dies dürfte vor allem darauf zurückzuführen zu sein, dass die Freiberuflichkeit gedanklich stark mit der Niederlassung in eige- ner Praxis in Verbindung gebracht wird, aber nur selten mit dem zahn- ärztlichen Beruf in Anstellung. Freiberuflichkeit bedeutet nach die- ser Lesart „sein eigener Chef sein“. Das ist allerdings ein bedauerliches Missverständnis, denn es ist nicht relevant, ob die Tätigkeit selbststän- dig oder in einem Angestelltenver- hältnis erfolgt. Jede Zahnärztin und jeder Zahnarzt üben einen freien Be- ruf aus. Von Seiten des Berufsstan- des wird dies immer wieder betont. Aber möglicherweise wird dieses Missverständnis auch durch Verän- derungen im Berufsalltag genährt. Man wird genau beobachten müs- sen, inwiefern in den vielen neu entstandenen und von Fremdinves- toren geführten Versorgungszentren die zentralen Werte der Freiberuf- lichkeit, etwa die der eigenverant- wortlichen und unabhängigen Leistungserbringung, noch gültig sind. Wenig Verbindung scheinen die jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte auch zu den Standesor- ganisationen zu haben. Woran liegt das aus Ihrer Sicht und was muss getan werden, um dies zu ändern? Die ersten Kontakte mit den Stan- desorganisationen sind in mancher Hinsicht durch bürokratische Vor- gänge geprägt. Dieser erste Eindruck kann ein überwiegend negatives Bild der gesamten zahnärztlichen Körperschaften prägen und auch zu einem generellen Desinteresse an standespolitischen Themen führen. Das gegenseitige Interesse könnte al- so verbessert werden, das der jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte auf der einen Seite, aber auch das der zahnärztlichen Körperschaften. Deshalb haben BZÄK und KZBV das IDZ mit dieser Studie beauftragt: Man wollte mehr über die berufli- chen Wünsche und Vorstellungen der nachrückenden Generation erfahren, um darauf auch angemes- sen reagieren zu können. Damit ist ein wichtiger Schritt getan, um die Verbindung zu den jungen Zahnärz- tinnen und Zahnärzten zu intensi- vieren. Wir bedanken uns für das Gespräch. Die Fragen stellte Sascha Rudat. Foto: IDZ Dr. rer. pol. David Klingenberger Foto: AdobeStock_ kotoyamagami

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