Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 111, Nr. 15-16, 16.8.2021, (1463) \ Keine Parodontitisbehandlungen: Es würden somit alle Parodontitis-Patienten unbehandelt bleiben. \ 90 Prozent der Parodontitisfälle würden diagnostiziert und einer Behandlung unterzogen. Die Beseitigung der Gingivitis mithilfe der Präventions- techniken häuslicher Pflege (Zähneputzen und Inter- dentalbürsten) als auch die Erhöhung der Diagnose- und Behandlungsrate von Parodontitis auf 90 Prozent hätte in allen fünf Ländern einen positiven ROI. Anstrengungen zur Eliminierung der Gingivitis und da- mit zur Verhinderung des Fortschreitens der Parodonti- tis würden über 10 Jahre im Vergleich zum „Business as usual“ von 7,8 Milliarden Euro in den Niederlanden bis 36 Milliarden Euro in Italien einsparen. Wird das Basis- szenario beibehalten, reichen die Kosten von 18,7 Milliarden Euro in den Niederlanden bis zu 96,8 Milli- arden Euro in Italien . 21,9 MILLIARDEN FÜR BUSINESS AS USUAL Würde man in Deutschland in den nächsten zehn Jahren mit den aktuellen Strategien fortfahren (Szenario 1), wür- den sich die Gesamtkosten im Zehn-Jahres-Zeitraum auf 21,9 Milliarden Euro belaufen, was 35 Euro pro „gesun- dem Lebensjahr“ entspräche. Dagegen würde sich bei einer Behandlung von lediglich zehn Prozent aller Gingi- vitis-Fälle (Szenario 2) eine leichte Kosteneinsparung auf rund 21,4 Milliarden Euro ergeben (42 pro gesundem Lebensjahr). Allerdings würde die Anzahl der gesunden Lebensjahre um 5,7 Millionen sinken und eine negative Kapitalrendite von –1.007 erzielt werden. Könnte durch die Beseitigung von Gingivitis (Szenario 3) der Übergang in eine Parodontitis verhindert werden, würden sich die Kosten mit 11,8 Milliarden Euro langfristig nahezu hal- bieren. Dies würde rund 19 Euro pro gesundem Lebens- jahr sowie 5,7 Millionen gewonnene gesunde Lebensjahre für alle Deutsche bedeuten. Die Kapitalrendite würde in- des auf 57,5 ansteigen. ZAHNARZTKOSTEN SIND EIN HINDERNIS Die Kosten für Zahnarztbesuche seien für die Allgemein- heit ein Hindernis, bilanzieren die Parodontologen in ihrem Fazit: „Die Menschen gehen dann eher zum Zahn- arzt, wenn etwas nicht in Ordnung ist, anstatt zu Kon- trolluntersuchungen zu gehen.“ Zahnärztliche Tarife sei- en in Europa zudem sehr unterschiedlich, einige Länder wie das Vereinigte Königreich und Frankreich erstatten teilweise die Gebühren, während in anderen wie Italien und Spanien zahnmedizinische Behandlungen weitge- hend eine Privatleistung sind. Wegen der Kosten vermei- den Menschen häufig die Vorsorge, was am Ende zu teu- ren Behandlungen führe. Die zahnmedizinischen Kosten sollten daher von der Politik in ganz Europa überprüft werden. „Es ist eine große Herausforderung, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten einer komplexen Krankheit wie Parodontitis zu ermitteln“, sagt Mitautor Prof. Iain Chapple. „Die Daten zeigen deutlich, dass der weitaus größte ROI aus der Prävention von Parodontitis resultiert, also aus der Behandlung von Gingivitis, die traditionell als trivial angesehen und ignoriert wird. Stattdessen setzt man auf die Behandlung von Parodontitis – was natürlich zu spät ist.“ ck/nl Quelle: The Economist Intelligence Unit. 2021. Time to take gum disease seriously: The societal and economic impact of periodontitis. London, The Economist Intelligence Unit. Abbildung 2: Die Tabelle zeigt die Kosten der verschiedenen Szenarien in einem Zeitraum von zehn Jahren. Es wird deutlich, dass mit der Behand- lung von Gingivitis als Vorläuferin der Parodontitis eine erhebliche Kosteneinsparung erzielt werden könnte. The Economist Intelligence Unit Limited 2021 ZAHNMEDIZIN | 61

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