Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 111, Nr. 15-16, 16.8.2021, (1410) PRÄVENTION FLUORIDEMPFEHLUNGEN: ÜBERARBEITUNG DER LEITLINIE WIRD INTERESSANT Antwort auf den Leserbrief „Zweifel an Fluoridgabe für Säuglinge“ von Prof. Dr. Christian Hannig, Dresden, zm 14/2021, S. 8 Foto: Federico Rostagno – stock.adobe.com Leserforum Lieber Kollege Hannig, natürlich sind alle diese Bedenken vollkommen richtig und nachvollziehbar. Wir erhalten diese auch von anderer Seite und insbesondere die Fortschrittlichen sind enttäuscht, weil es für sie einen halben Schritt zurückgeht. Mönchengladbach, Mecklen- burg-Vorpommern und Sachsen waren da schon weiter. Den Pädiatern geht es übrigens genauso, weil aus ihrer Sicht, insbesondere im Westen, Bewährtes aufgegeben wurde und die Zahnärzte jetzt vom ersten Zahn an im Boot sind. Die gemeinsame Lösung zwischen Pädiatrie und Zahnmedizin und erstmalig wieder eine Zusammenarbeit auf nationaler Ebene ist ein Schritt nach vorne und vom Präventionsgesetz (2015) explizit gewünscht. Interessant wird die Überarbeitung der Leitlinie: 1. Hier kommen die Evidenzgrade für die einzelnen Maßnahmen dazu und damit die Stärke der Empfehlung. Die Zahnärzte denken, dass ihre Variante mit Zahnpaste höhere Evidenz hat als die Tablettenfluoridierung. 2. Eine Münchner Arbeitsgruppe hat übrigens eine Wirksamkeit der Tablettenfluoridierung in einer sehr biasbelasteten Assoziati- onsstudie gesehen, was die Diskussion nicht vereinfacht. Das Augenmerk liegt jetzt auf der Umsetzung in der Bevölkerung: 3. Der Sachsenkompromiss zur Fluoridapplikation bei Kindern kann sicherlich weiterhin die Option der Gabe von reinen Vita- min-D-Tabletten zur Rachitisprophylaxe nutzen und die Leitlinie könnte hier differenzierter arbeiten. Wir persönlich sind auch gerade bei Säuglingen mit der Gabe jeglicher Medikamente und Präparate sehr zurückhaltend. Die Fluoridtablette muss von den Pädiatern gegenüber den Eltern verantwortet werden. Rei- nes Vitamin D von Geburt an ist eigentlich viel pragmatischer. 4. Die Erhöhung der Fluoridkonzentrationen vom ersten Zahn an ist ein gewaltiger Meilenstein, und die Zahnärzteschaft kann ihre Kompetenz in den Praxen jetzt auch mit den neuen FUs belegen. 5. Große Sorge, dass es durch unsachgemäße Umsetzung zu Überdosierungen bei Kleinkindern kommen kann, muss nicht bestehen, weil dies für die neuen Empfehlungen vom BfR durchgerechnet wurde. Andere Länder wie Dänemark, Nor- wegen, Schweden, UK, Neuseeland etc. haben schon lange 1000 ppm und weniger Karies im Milchgebiss, aber kein Fluoroseproblem. 6. Der Dialog mit der Industrie wird bereits geführt, um sicher zu stellen, dass die Pasten in der richtigen Viskosität herstellt wer- den, mit verkleinerten Tubenöffnungen für die „Reiskorndosie- rung“. 7. Die Empfehlungen sind für alle Familien einfach umsetzbar, griffig und leicht verständlich, weil jetzt nur noch eine Kinder- zahnpaste mit 1000 ppm existiert. Prof. Dr. Christian H. Splieth/DGZMK Prof. Dr. Ulrich Schiffner/DGKIZ Prof. Dr. Norbert Krämer/DGKiZ Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an: leserbriefe@zm-online.de oder Redaktion: Zahnärztliche Mitteilungen, Behrenstr. 42, 10117 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht.

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