Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17

zm 111, Nr. 17, 1.9.2021, (1536) AUS DER WISSENSCHAFT Das sind die häufigsten COVID-19- assoziierten oralen Manifestationen Eine Trias aus Geschmacksstörungen, Xerostomie und Mundschleimhautläsionen sind offenbar die häufigsten COVID-19-assoziierten oralen Manifestationen. Dabei tritt Mundtrockenheit sogar öfter auf als Geschmacksstörungen. F ür die globale Übersichtsarbeit werteten die Wissenschaftler insgesamt 183 Studien aus, die Daten von 64.876 Patienten weltweit umfassen, wobei mehr als 40 Prozent aus Europa stammen. Die Ergebnisse wurden Ende Juli im Journal of Dental Research veröffentlicht. Geschmacksstörungen gelten als frühes Symptom einer SARS-CoV-2-Infektion. Die Gesamtprävalenz betrug 38 Prozent, wobei die Hypogeusie mit 34 Pro- zent, die Dysgeusie mit 33 Prozent und die Ageusie mit 26 Prozent beteiligt waren (Abbildung 1). Dabei wurden divergierende Prävalenzen in verschiedenen Ländern festgestellt, wobei „unterschiedliche Ex- pressionen von ACE-2-Rezeptoren in verschiedenen Populationen“ ursächlich sein könnten [Amorim Dos Santos et al., 2021]. Jüngere seien möglicher- weise häufiger von Geschmacksstörungen betroffen, aber die Datenlage sei zum aktuellen Zeitpunkt noch zu gering, um eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen. IST XEROSTOMIE EIN FRÜHSYMPTOM? Xerostomie wurde als neues Merkmal COVID-asso- ziierter Symptome in die Metaanalyse aufgenom- men. Mit rund 43 Prozent tritt sie sogar häufiger auf als Geschmacksstörungen. Das Symptom steht zeit- lich offenbar vor den bekannten COVID-19-Symp- tomen, könne also ein Frühsymptom sein. Von den inkludierten Studien wurde lediglich in einer eine objektive Messung des Speichelflusses durchgeführt, alle weiteren waren Fragebogen-basiert. Die Wissenschaftler diskutieren in der Arbeit ver- schiedene Ursachen für eine Xerostomie im Zusam- menhang mit COVID-19. So könnten Medikamente, eine Nasenverstopfung und Mundatmung, aber auch psychische Faktoren wie Angst auslösend sein. „Dennoch wiesen einige Studien auf die potenzielle Neuroinvasivität des Virus im peripheren und zen- tralen Nervensystem hin“, stellen die Autoren fest. Sie halten eine direkte Infektion der Speicheldrüsen nicht für ausgeschlossen. AUCH HALITOSIS TRAT VERMEHRT AUF Halitosis trat im Rahmen von SARS-CoV-2 Infektio- nen vermehrt auf, die Daten reichen aber nicht für eine Metaanalyse. Parotitis und Sialadenitis wurden in insgesamt fünf Studien beschrieben. Mundschleimhautläsionen treten demnach in den meisten Fällen zeitlich eher nach einer COVID-19- Infektion auf. Aphten- und Herpesartige Läsionen wurden am häufigsten beschrieben (Abbildung 2). Als Ursache werden erhöhte Interleukin-6-Spiegel diskutiert, es gibt aber keine ausreichend aussage- kräftigen Daten hierzu. Die Wissenschaftler schlussfolgern auf Basis der Datenlage als häufigste COVID-19-assoziierte orale Geschmacksstörungen treten häufig in Zusammenhang mit COVID-19 Erkrankungen auf und können mehrere Wochen oder auch Monate anhalten. Dabei reichen die Symptome von verändertem Geschmackssinn bis hin zu einem vollständigen Geschmacksverlust. Die Geschmacksstörungen zeigen unterschiedliche Prävalenzen in verschiedenen Ländern, wobei sie in Europa am häufigsten dokumentiert wurden, in Afrika dagegen am seltensten. Taste Disorder Hypogeusia Dysgeusia Ageusia Prevalence of Taste Disorders in Patients with COVID-19 Prevalence 50 (%) 40 30 20 10 0 (95 % CI =19–34; I 2 =99 %) (95 % CI =26–40; I 2 =97 %) (95 % CI =26–42; I 2 =96 %) (95 % CI =33–43; I 2 =99 %) Quelle: Dos Santos et al., 2021 (n = 59.998 patients) 38 % 34 % 26 % 33 % 10 | ZAHNMEDIZIN

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