Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17

zm 111, Nr. 17, 1.9.2021, (1542) „DIE AHR DARF NICHT MEIN LEBENSWERK ZERSTÖREN“ Auch Dr. Catarina Sonntag versorgt weiter dringende Fälle aus ihrer Patientenschaft. Allerdings im „Praxis-Hopping“. Sie nutzt abwechselnd Behandlungsräume verschiedener Kolleginnen und Kollegen. Ihre 64-Quadratmeter-Praxis ist zerstört, der Zeitplan für den Wiederaufbau ungewiss. Sicher ist nur, dass sie weitermachen will. „Unser Hauptproblem ist, dass wir aktuell noch nicht wissen, wann und wie es weitergeht“, sagt Dr. Sonntag mit Blick auf ihr Team bestehend aus zwei ZFA, einer Auszubildenden und zwei Aushilfen. Es ist Mitte August und ihr Vermieter wartet immer noch auf einen Gutachtertermin. Allerdings hat die Versicherung gerade – noch vor dem Gutachtertermin – „grünes Licht“ zur Entfernung des kontaminierten Putzes und Estrichs gegeben. Die Hand- werkersuche beginnt, ein schwieriges Unterfangen in der Region. Und wie erfolgreich die noch laufende Wieder- herstellung der Praxis- und Patientendaten ist, weiß niemand. Eine Elementarschadenversicherung für das Praxisinventar und den Betriebsausfall hatte die Zahnärztin nicht, die ihre Praxis 1989 eröffnete und noch vier Jahre bis zum Ruhestand praktizieren wollte. Das Arbeitspensum hatte sie in den vergangenen eineinhalb Jahren schon sukzessive zurückgeschraubt, weshalb sie der aktuelle Ver- dienstausfall nicht ganz so schwer trifft wie andere Kolleginnen und Kollegen, sagt sie. Unter den nicht geschädigten Zahnärztinnen und Zahnärzten erlebe sie viel Hilfsbereitschaft, auch das Engagement der Kammer und der KZV sei vorbildlich. Trotz all der aktuellen Unwägbarkeiten ist es für die Zahnärztin undenkbar jetzt aufzuhören, anstatt wieder aufzubauen. „Es wäre für mich das Schlimmste, mein Lebenswerk von der Ahr weggespült zu sehen“, sagt sie. „Nein, ich will weitermachen. Wie das konkret aussieht, ist von vielen Faktoren abhängig.“ Sie könne sich vieles vorstellen, für große Visionen sei es in ihrem Fall aber noch nicht an der Zeit. Aktuell arbeite sie eher „roboterhaft“ und versuche, nicht zu weit zu denken, um die Energie des Moments positiv nutzen zu können und nicht ins Grübeln zu geraten, erzählt sie. Denn erst im Nachhinein sei ihr und ihrem Team klar geworden, dass sie sich in der Nacht der Flutwelle, einer Nacht der Beschaffung und des Verlegens von Sandsäcken zum Schutz der Praxis und des davor liegenden Grundstücks, selbst „in höchster Lebensgefahr“ befanden. Foto: privat Noch steckt die Feuchtigkeit der Ahr in Boden und Wänden, vom kontaminierten Schlamm sind nur ein paar Wischspuren an den Wänden geblieben. Und an die vorherige Bestimmung der Räume in der Oberhutstraße erinnert nur noch Max Schrubbel, der weiter auf dem Türsturz sitzt. Das Maskottchen der Landes- arbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege Rheinland-Pfalz e. V. hat die Flut unbeschadet überstanden, das Wasser reichte in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli nicht ganz bis zu seinen Füßen. 16 | POLITIK

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