Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17

zm 111, Nr. 17, 1.9.2021, (1604) MKG-CHIRURGIE Gesichtstrauma nach Wildtierangriff Alexander-Nicolai Zeller, Philippe Korn, Philipp Jehn, Nils-Claudius Gellrich Angriffe auf Menschen durch heimische Wildtiere sind in Deutschland ausgesprochen selten, können aber selbst in Stadtgebieten vorkommen. Oft sind es durch den Menschen aufgezogene Jungtiere, die im Erwachsenenalter auffällig werden. Ein besonders eindrücklicher Fall ereignete sich in Hannover und beschäftigte die MKG-Chirurgie an der dortigen Medizinischen Hochschule. E in 78-jähriger Mann befand sich auf einem Spaziergang in einem noch innerhalb der Stadtgrenze gelegenen Naherholungsgebiet. Hier- bei begegnete er einem am Wegrand stehenden, zutraulich wirkenden Rehbock. Dieser zeigte keinerlei Scheu und konnte zunächst ohne Zwischenfall passiert werden. Kurz darauf verspürte der Spaziergänger mehrere Stiche im Rücken und im Bereich des Gesäßes. Beim Umdrehen erkannte er das ihn mit dem Gehörn mehrfach von hinten angreifende Tier. Erst als der Mann ins Taumeln kam und aufs Gesicht stürzte, ließ der Rehbock von ihm ab. Zu Hilfe eilende Passanten alarmierten den Rettungsdienst. Anschließend folgte die Vorstellung in der Zentralen Not- aufnahme der Medizinischen Hoch- schule Hannover und in der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Bei Aufnahme zeigte sich der Befund eines allseits orientierten 78-jährigen Patienten in gutem Allgemeinzustand und ohne für den Akutbefund relevante Vorerkrankungen. Klinisch fanden sich Hämatome periorbital beidseits, insbesondere im Bereich des medialen Lidwinkels und eine perforierende Riss-Quetsch-Wunde im Bereich des Lippenrotes der Unter- lippe links. Darüber hinaus bestanden eine Behinderung der Nasenatmung und eine starke Schwellung sowie ein ausgeprägter Druckschmerz im Bereich des Nasenrückens. An der Totalprothese des Oberkiefers fand sich eine kleine Absprengung des ersetzten Zahns 11. Der Patient gab Schmerzen im Bereich des Rückens und des Gesäßes an. Die weitere kör- perliche Untersuchung zeigte keine Traumafolgen. Bei klinischem Verdacht auf eine Mit- telgesichtsfraktur wurde eine native Computertomografie durchgeführt. Hier zeigte sich kein Nachweis einer knöchernen Verletzung, jedoch eine partielle Verlegung der Nasenneben- höhlen sowie eine perinasale sub- kutane Weichteilschwellung. In der Lippe kamen einige kleine Hyper- densitäten, vereinbar mit einge- sprengten Fremdkörpern durch den Sturz, zur Darstellung. Zusammen- fassend wurde die Diagnose eines leichten Schädel-Hirn-Traumas (SHT), begleitet von periorbitalen Hämato- men beidseits und einer perforieren- den Riss-Quetsch-Wunde der linken Unterlippe gestellt. Nach der klinischen und der radio- logischen Untersuchung erfolgte zu- nächst die Wundversorgung und dann die Auffrischung des Tetanus- schutzes durch aktive Immunisie- Abb. 1: Klinisches Bild des Patienten direkt nach der notfallmäßigen Wundversorgung Foto: Viola Pawlacyzk DR. MED. DR. MED. DENT. ALEXANDER-NICOLAI ZELLER Assistenzarzt Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg Str. 1, 30625 Hannover zeller.alexander@mh-hannover.de Foto: Viola Pawlaczyk ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. 78 | ZAHNMEDIZIN

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