Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17

zm 111, Nr. 17, 1.9.2021, (1623) IDZ-STUDIE Wie ist das Berufs- und Selbstbild junger Zahnärztinnen und Zahnärzte? David Klingenberger Das neue Buch „Junge Zahnärztinnen und -ärzte“ von Nele Kettler wurde in der zm 15/16 bereits vorgestellt. Kettler, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ), hat über mehrere Jahre hin- weg die Einstellungen der sogenannten Generation Y untersucht und die Ergebnisse in ihrem Buch vorgestellt. Wie insbesondere das Berufs- und Selbstbild der jungen Generation aussieht, wird nachfolgend vorgestellt. N ichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel“, sagte bereits Charles Darwin, der Vater der Evolutions- theorie. Für die Zahnmedizin kann dieser Wandel so beschrieben werden: „Die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland ist in einem Wandel be- griffen. Dieser umfasst eine veränderte epidemiologische Ausgangssituation und damit andere Versorgungsbedarfe auf der einen Seite; hinzu kommt eine Angebotsseite (Zahnärzte), die einem Strukturwandel unterliegt“ [Jordan, 2019]. Der Berufsstand versteht sich allerdings keineswegs als „passiver Erdulder“ dieser doppelten Dynamik von Angebot und Nachfrage, sondern möchte als „aktiver Gestalter“ an die- sem Wandel mitwirken. Hintergrund- wissen kann da nicht schaden. Der Wandel im Berufsstand betrifft besonders junge Zahnärztinnen und Zahnärzte, die am Beginn ihres Berufs- lebens stehen. Die Frage ist, inwieweit sie die Entwicklungen beeinflussen können und wie sie mit den beruf- lichen Rahmenbedingungen umgehen. Daher lohnt ein intensiverer Blick auf die beruflichen Erfahrungen, Wünsche und Sorgen dieser Generation. Die Ansichten der jungen Zahnärz- tinnen und Zahnärzte über den von ihnen gewählten Beruf werden ge- meinhin als „Berufsbild“ bezeichnet. Im statistischen Zahlenbild der Ant- worten, die das IDZ im Laufe von drei Befragungswellen (2014/2015, 2017, 2019) erhalten hat, kristallisiert sich ein relativ einheitliches Rollenverständnis heraus. Hier wirkt der Prozess der be- ruflichen Sozialisation durchaus prä- gend. In diesem Prozess prägen Ein- flüsse und Erfahrungen die Einstel- lung wie bereits zuvor die primäre So- zialisation im Elternhaus. Sind oder waren bereits die Eltern zahnärztlich tätig, so hat diese frühe familiäre So- zialisation in der Regel Einfluss auf das spätere Berufsbild. WAS HAT SICH VERÄNDERT? Die während des Sozialisationsprozes- ses stattfindende Auseinandersetzung mit Arbeitsanforderungen und -be- dingungen der Profession formt die Persönlichkeit bereits während des Studiums (Sozialisation in die Profes- sion) und darüber hinaus während des Berufslebens (Sozialisation in der Profession). Zunächst erfolgt im Stu- dium die Aneignung von zahnmedi- zinischem Wissen und Fertigkeiten. Auch die Interaktionskompetenzen sowie die Fähigkeiten, Entscheidun- gen zu treffen, umzusetzen und zu verantworten, extreme Belastungen auszuhalten und Affekte kontrollieren zu können, werden in diesem Prozess geschult. In dieser prägenden Phase haben neben der eigenen Persönlich- keit sowohl Idealvorstellungen als auch Vorbilder aus dem beruflichen Umfeld Einfluss auf das Rollenbild. Das Berufsbild und die Motive, sich für diese Profession zu entscheiden, stehen in enger Beziehung zueinander. Während sich in den Motiven eher die traditionellen Aspekte der Profes- sion widerspiegeln, zeichnen sich im Berufsbild deutlicher Veränderungen ab. Ein grundlegendes Motiv, das sich immer wieder findet, ist der hand- werkliche Aspekt der Tätigkeit. Dieser spiegelt das traditionelle Rollenbild des Zahnarztes wider, konkret bei- spielsweise bei der Restaurierung oder dem Ersatz eines einzelnen Zahnes. Eine Weiterentwicklung dieses traditio- nellen Motivs stellt dann nicht mehr auf den einzelnen Zahn ab, sondern auf den Patienten als Menschen. Der Prototyp der modernen Zahnärztin beziehungsweise des modernen Zahn- arztes ist stärker medizinisch orien- tiert. Fortschrittliche Möglichkeiten der Behandlung oder eine partizipative Zahnarzt-Patienten-Beziehung kön- nen ebenfalls das Berufsbild und Selbstverständnis der nachwachsen- den Generation in einer neuen Art und Weise prägen. Im Umgang mit den veränderten An- forderungen an die Profession wurde bereits vor 20 Jahren ein Trend zu Spezialisierungen beobachtet. Darüber hinaus wurde gleichzeitig der Wunsch nach vereinfachten Anstellungsmög- lichkeiten geäußert, um der Vielzahl der Anforderungen gerecht werden zu können [Härlen und Kultermann, 2000]. Daher wichen Zahnärztinnen und Zahnärzte in der Konsequenz ver- mehrt auf Tätigkeitsformen aus, die DR. DAVID KLINGENBERGER Stellvertretender wissenschaftlicher Direkor des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in Köln. Foto: IDZ ZM-STARTER | 97

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