Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 111, Nr. 18, 16.9.2021, (1660) verhindern. Als Alternative zu Zugangsverboten bieten sich insbesondere tagesaktuelle Schnelltests an, die wohl alternativ zum Impfnachweis zum Zugang berechtigen müssten. Nach aktuellem Forschungsstand wäre nämlich die These zu gewagt, dass bei einem tagesaktuellen Nega- tivtest Dritte weniger stark vor Ansteckungen geschützt sind, als dies bei einer Impfung der Kontaktperson der Fall wäre. Zumindest mit geringer Wahrscheinlichkeit kann sowohl die Infektion durch Geimpfte erfolgen als auch durch Personen, die im Ergebnis fehlerhaft negativ getestet wurden. Dürfen Arbeitgeber bei der Aufgabenzuweisung zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften unterscheiden? Der Arbeitgeber darf nach billigem Ermessen bestimmen, welcher Arbeitnehmer welche Tätigkeiten ausübt. Dem- entsprechend kann auch angeordnet werden, dass nur geimpfte Arbeitnehmer Tätigkeiten mit Patientenkontakt übernehmen. Schließlich muss nach § 23 Abs. 3 Nr. 8 IfSG in Arzt- und Zahnarztpraxen die Infektion aus- drücklich verhütet werden. Bleiben keine Aufgaben mehr übrig, die der Arbeitnehmer nach seiner Qualifikation erfüllen kann, kommt eine personenbedingte Kündigung in Betracht. Riskiert der Arbeitnehmer seinen Arbeitslohn, wenn er sich nicht impfen lässt? Ist der Arbeitnehmer sowohl für den jeweiligen Tag un- getestet als auch ungeimpft, werden ihm nach meiner Auffassung gemäß § 297 BGB keine Ansprüche auf Gehaltsfortzahlung zustehen, wenn der Arbeitgeber auf seine Dienste verzichtet. Zumindest in Arzt- und Zahn- arztpraxen wird der Arbeitgeber daher die Arbeitsleistung ungetesteter und ungeimpfter Personen zurückweisen können. Dies gilt trotz der hohen Impfquote in der Bevöl- kerung, schließlich kann es auch bei an sich geimpften Patienten oder Kollegen zu Impfdurchbrüchen kommen. Abgesehen davon wird es voraussichtlich auch weiterhin Patienten geben, die aufgrund eigener Entscheidung oder aufgrund von Vorerkrankungen ungeimpft sind, Kinder unter zwölf Jahren werden ohnehin vorerst ungeimpft sein. Muss ein ungeimpfter Arbeitnehmer in Quarantäne und kann dadurch seine Arbeitsleistung nicht erbringen, steht ihm aufgrund der unterlassenen und öffentlich empfohlenen Schutzimpfung gemäß § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG keine Entschädigung zu. Der Arbeitgeber hat dann auch keine Zahlung zu leisten. Demgegenüber sind gegen COVID-19 vollständig geimpfte Personen laut dem RKI von der Quarantäne ausgenommen. Erkrankt der ungeimpfte Arbeitnehmer infolge einer Infektion mit COVID-19, kommt ein den Entgeltfortzahlungsanspruch ausschließendes „Verschulden gegen sich selbst“ in Betracht. Hierfür spricht unter anderem der Vergleich zu § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG. Gerichtsentscheidungen zu dieser Frage liegen noch nicht vor. Riskiert der Arbeitnehmer die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, wenn er sich nicht impfen lässt? Wer als Arbeitnehmer in Arzt- und Zahnarztpraxen Patienten und Kollegen anstecken kann und an diesem Zustand nichts ändern will, ist für die Tätigkeit nicht mehr geeignet und kann grundsätzlich personenbedingt gekündigt werden. Dies setzt aber voraus, dass der un- geimpfte Arbeitnehmer sich nicht täglich testet und so zur Infektionsvermeidung beiträgt. Während die Impfung permanent aufrechterhalten bleibt, kann ein Negativtest nur bei täglicher Aktualisierung die gleiche Sicherheit für Dritte vor Infektionen bieten. Einen täglichen Corona-Test muss der Arbeitgeber aber nicht zur Verfügung stellen, die SARS-CoV-2-Arbeits- schutzverordnung sieht zwei Tests in der Woche vor. Ob die Kündigung tatsächlich auch unter Verhältnismäßig- keitsgesichtspunkten gerechtfertigt wäre, wird sich aber nur im Einzelfall beurteilen lassen. Die personenbedingte Kündigung scheidet aus, wenn dem Arbeitnehmer auch Tätigkeiten ohne Patienten- kontakt zugewiesen werden könnten – besteht hierfür nach zwischenzeitlich erfolgter „Versetzung“ kein Bedarf mehr, kommt aber nach vorangegangener Sozialauswahl auch eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht. Die bloße Ansteckungsgefahr dürfte die personenbedingte Kündigung hingegen nicht rechtfertigen: Schließlich ist es keineswegs gewiss, dass ein schwerer Verlauf einer COVID-Erkrankung auftritt, die abstrakten wirtschaft- lichen Risiken einer vom Gesundheitsamt angeordneten Quarantäne für den Arbeitgeber würden regelmäßig nicht die Interessen des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäfti- gung überwiegen. Was kann ich tun, wenn der Mitarbeiter sich partout nicht impfen lassen will und die Verweigerung kommuniziert? Wenn der Arbeitnehmer in der Praxis seine Impfverweige- rung kommuniziert, wird dies als freie Meinungsäußerung einzuschätzen sein und keine Abmahnung oder Kündigung rechtfertigen. Anders ist der Fall aber wohl zu beurteilen, wenn der Arbeitnehmer seine Impfskepsis entgegen einer ausdrücklichen Weisung des Arbeitgebers kundtut [Fuhl- rott/Fischer, NJW, 2021, 657 Rn. 19]. Das Gespräch führte Laura Langer. 14 | PRAXIS

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