Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 111, Nr. 18, 16.9.2021, (1662) SARS-COV-2 IN DER ZAHNARZTPRAXIS Infektionsprävention unter Berücksichtigung neuer Virusvarianten Lutz Jatzwauk, Bilal Al-Nawas, Kai Voss, Markus Tröltzsch, Christian Graetz, Stefan Rupf, Lena Katharina Müller-Heupt Viren verändern sich fortlaufend. Auch das Coronavirus verändert sich und neue Virusvarianten entstehen. Diese Virusvarianten unterscheiden sich beispielsweise in ihren Erregereigenschaften und gelten mitunter als ansteckender und anpassungsfähiger als die Ursprungsvariante. Der folgende Beitrag von Autoren aus der für die Leitlinie „Umgang mit zahnmedizinischen Patienten bei Belastung mit Aerosol-übertragbaren Erregern“ gebildeten Leitlinien- gruppe der DGZMK beschäftigt sich aus diesem Grund aktuell mit der Infektionsprävention in der Zahnarztpraxis. S eit Beginn der SARS-CoV-2-Pan- demie verändern sich die Erre- ger kontinuierlich durch eine zunehmende Anzahl zufälliger Muta- tionen der RNA [Alm et al., 2020]. Das ist ein normaler Vorgang der Evo- lution, allerdings mit Konsequenzen für den Menschen, denn diese Ver- änderungen des Genoms von SARS- CoV-2 können mit Veränderungen der Erregereigenschaften, beispiels- weise mit einer höheren Übertragbar- keit – etwa durch eine erhöhte Virus- konzentration im Speichel oder eine geringere Infektionsdosis – oder einem schwereren Krankheitsverlauf in Zu- sammenhang stehen. In diesem Fall erfolgt eine Einstufung der SARS- CoV-Mutation als besorgniserregende Variante (englisch: variant of concern (VOC)). Ob und wie sich bestimmte Mutationen auf Übertragbarkeit, Vi- rulenz oder Immunogenität des Virus auswirken, ist gegenwärtig Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Im Mai 2021 erklärte die WHO die in Indien entdeckte SARS-CoV-2-Linie B.1.617.2 (Delta) zur besorgniserre- genden Variante. Britischen Unter- suchungen zufolge bestanden Hin- weise auf eine erhöhte Übertragbar- keit. Demnach wies B.1.617.2 (Delta) eine höhere Fallanstiegsrate auf als die bisher in Großbritannien vor- herrschende Variante B.1.1.7 (Alpha). Zum anderen war für B.1.617.2-Infi- zierte der Anteil infizierter Kontakt- personen höher [Public Health Eng- land (PHE), 2021]. Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zeigen nun auch in Deutschland, dass der Anteil der Variante B.1.617.2 stark zugenommen hat und das Infektionsgeschehen mittlerweile dominiert [Robert Koch- Institut, 2021]. Es verwundert daher nicht, dass die zunehmende Aus- breitung dieser VOC auch bei Zahn- ärzten und zahnmedizinischem Fach- personal, die mit potenziell infek- tiösen Aerosolen arbeiten, Besorgnis hervorruft. WORIN UNTERSCHEIDET SICH B.1.617.2 (DELTA) VON ANDEREN SARS-COV-2-VARIANTEN? Das RKI beschreibt die Spezifität der SARS-CoV-2-Linie B.1.617.2 (Delta) wie folgt [Robert Koch-Institut, 2021]: „Im Spike-Protein zeigt die B.1.617.2 Variante folgende Polymorphismen : T19R, Deletion 157–158, L452R, T478K, D614G, P681R, D950N (Scripps Institute, 2021). Für den iso- lierten L452R Aminosäureaustausch wurde in vitro gezeigt, dass mutierte Viruspartikel höhere ACE2-Rezeptor- Affinität und verstärkte Infektiosität aufweisen. Laborexperimentelle Daten weisen außerdem darauf hin, dass diese Mutation eine Veränderung der antigenen Eigenschaften mit sich PROF. DR. RER. NAT. ET RER. MEDIC. HABIL. LUTZ JATZWAUK Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Geschäftsbereich Kranken- haushygiene/Umweltschutz Fetscherstr. 74, 01307 Dresden Foto: Universitätsklinikum Dresden Foto: AdobeStock_luckybusiness . 16 | ZAHNMEDIZIN

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