Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

Oberfläche führt zu Lufteinschlüssen, die wiederum die potenzielle Kon- taktfläche zwischen Mikroorganis- men und dem Werkstoff reduzieren [Frenzel et al., 2016]. Gleichzeitig wird das Quorum Sensing durch die topografischen Barrieren minimiert und die Virulenz des Biofilms be- einflusst. Denkbare klinische Implika- tionen wären die Substrukturierung zahnärztlicher Werkstoffoberflächen durch spezielle Politurregimes. Des Weiteren könnten mithilfe der Laser- technik auch metallene Werkstoffe mit einer Biofilm-reduzierenden To- pografie versehen werden [Doll et al., 2017]. Im Bereich der direkten Restaurationen können mikrostruk- turierte Matrizen bei der Füllungs- legung zur Schaffung einer günstigen Oberflächenbeschaffenheit beitragen [Frenzel et al., 2016]. Grundsätzlich sinkt der Einfluss der Werkstoff- oberfläche jedoch mit zunehmender Dicke des Biofilms [Hahnel et al., 2015]. Selbst die dünne Bedeckung zahnärztlicher Restaurationen mit einer Pellikelschicht scheint aktuellen Erkenntnissen nach die Biofilm-ab- weisenden Oberflächeneigenschaften moderner Werkstoffmodifikationen zu beeinträchtigen [Sterzenbach et al., 2020]. AUSBLICK Die Entwicklung zahnärztlicher Werkstoffe, die ein geringes Biofilm- attachment zulassen, eine einfache Reinigung ermöglichen und gleich- zeitig robust gegenüber Hygiene- maßnahmen sind, wird weiterhin ein wichtiger Forschungsgegenstand moderner Zahnmedizin bleiben. So scheinen Werkstoffe, die beispiels- weise im CAD/CAM-Verfahren gefer- tigt werden oder über antibakterielle Eigenschaften verfügen, vielverspre- chend. Um erste Erkenntnisse von Laborstudien auf deren Übertragbar- keit in den klinischen Alltag zu prü- fen, sind gut konzipierte klinische Studien notwendig. Weiterhin ist die klinische Untersuchung von Werk- stoffen hinsichtlich ihrer Verände- rungen durch Reinigungsmethoden im zeitlichen Verlauf sinnvoll, um materialspezifische Reinigungsemp- fehlungen beziehungsweise mund- hygienespezifische Materialempfeh- lungen entwickeln zu können. \ EMPFEHLUNGEN DER BUNDESZAHNÄRZTEKAMMER ZUR PROTHESENPFLEGE Wann? nach jeder Mahlzeit zweimal täglich zwei- bis dreimal wöchentlich bei Nichttragen der Prothese Tab. 2, Quelle: Elsäßer/Ludwig, 2017 Was? Abspülen der Prothese unter fließendem Wasser zur Entfernung grober Verschmutzungen gründliche, systematische Prothesenreinigung mit Prothesenbürste, flüssiger Seife/Prothesenreinigungs- liquid (nicht mit Zahnpasta wegen Aufrauungsgefahr durch enthaltene Abrasionskörper) Intensivreinigung durch Einlegen in chemische Reinigungslösung, Einwirkdauer laut Anwendungsvorschrift trockene Lagerung ÜBERSICHT VERSCHIEDENER REINIGUNGSMÖGLICHKEITEN ABNEHMBAREN ZAHNERSATZES Reinigungsmethode Prothesenbürste Ultraschallbad Chemische Reinigung mit Wirkstoffen wie: – Natriumhypochlorit – Peroxide – Peroxidasen – Enzyme – Säuren in: – Lösungen – Tabletten – Schaum Mikrowellen- irradiation Photodynamische Reinigung Tab. 1, Quelle: Fermandes et al., 2007; Hahnel et al., 2012; Budtz-Jørgensen, 1979; Aslanimehr et al., 2018; Ribeiro et al., 2009; Buergers et al., 2008; Webb et al., 2005; Ribeiro et al., 2012 Wirkungsweise mechanische Biofilmentfernung mechanische Biofilm- und Zahnsteinentfernung Tensidwirkung Schäumwirkung Auflösungswirkung thermische Effekte Anfärben Mikroorganis- men mit Photosensitizer vor Bestrahlung mit Lichtquelle Besonderheit Borstenlänge, -härte, -anordnung an Prothesen- bereiche angepasst – Oberflächenspannung ↓ – Löslichkeit hydrophober Auflagerungen ↑ – Einkapselung in Mizellen für leichteren Abtransport – Freisetzung Sauerstoffblasen – Mitreißen von Verschmutzungspartikeln – Veränderung Biofilmmatrix/ Bakterienstruktur – Zerfall/Zelltod Mikroorganismen – Zellstrukturveränderung – Zelltod Mikroorganismen – eingeschränkte Anwendung bei metallhaltigen Prothesen – Bildung reaktiver Sauerstoff- spezies – Zelltod Mikroorganismen ZAHNMEDIZIN | 39

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