Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18
zm 111, Nr. 18, 16.9.2021, (1702) wer sich mit der Biografie näher be- schäftigt, stößt auf eine Vielzahl von Besonderheiten. Bemerkenswert sind bereits die kritischen Aussagen zu seiner Jugendzeit in Wien. Tatsächlich beschrieb er seine Erfah- rungen in den frühen 1930er-Jahren und nachfolgend in beiden Kon- zentrationslagern in einem rund 75-minütigen Audio-Interview, das seine Tochter Dorothy („Dotty“) Hindels-Brown 1984 mit ihm führte und das im „United States Holocaust Memorial Museum“ (USHMM) in Washington, D.C. archiviert ist [USHMM Washington]. Demnach fühlte er sich als Jude im zunehmend antisemitisch geprägten Wien nie heimisch: „The history of the Jews was always one of moving from one place to another. We were fully aware of the fact that we were only guests, and not very welcome guests, in Austria.“ So seien Beschimpfungen wie „Saujude“ oder körperliche Über- griffe in seiner frühen Studienzeit an der Wiener Universität keine seltenen Erfahrungen gewesen. Auf Anregung eines in die USA emi- grierten Freundes stellt er bereits 1932 vorsorglich einen Visumsantrag für die USA – freilich, ohne eine Aus- wanderung zu diesem Zeitpunkt ernsthaft anzudenken. Vielmehr traf er im März 1938 eine verhängnisvolle Fehlentscheidung: Unmittelbar vor dem „Anschluss“ Österreichs an Hit- ler-Deutschland hielt sich Hindels in der Schweiz auf. Statt dort zu bleiben, entschied er sich, nach Wien zurück- zukehren. Dies bezeichnet er retro- spektiv als „my biggest mistake“, da die antijüdischen Repressionen der Nationalsozialisten in Österreich be- reits absehbar gewesen seien. Seine Motivation für die Rückkehr nach Wien seien in jener Situation die dort lebenden Eltern, seine damalige Wiener Freundin und die Hoffnung auf den Abschluss des weit fort- geschrittenen Studiums gewesen [USHMM Washington]. DIE INHUMANITÄT IM KZ PRÄGT IHN FÜR IMMER Doch das Befürchtete trat ein: Hin- dels wurde am 31. Mai 1938 kurz KARRIERE IM AUSLAND Deutschsprachige Zahnärzte und ihre Erfolge in der Emigration \ zm 15-16/2021: Hermann Becks \ zm 17/2021: Gertrud Harth \ zm 18/2021: Georg Hindels \ zm 19/2021: Hermann Prinz \ zm 20/2021: Bálint Orbán \ zm 21/2021: Fritz Benjamin \ zm 22/2021: Kurt Odenheimer \ zm 23-24/2021: Erwin Neu \ zm 1-2/2022: William Grossmann \ zm 3/2022: Max Oppenheim \ zm 4/2022: Rudolf Kronfeld \ zm 5/2022: Hans-Jacques Mamlok Foto: AdobeStock_dadanya / AdobeStock_Framestock / AdobeStock_Archivist / AdobeStock_Antonio Gravante / AdobeStock_Alliance 56 | GESELLSCHAFT
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