Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18
vor dem Abschluss seines Medizin- studiums in Wien auf offener Straße verhaftet und nach mehrwöchiger Internierung in Wien am 17. Juni 1938 nach Dachau deportiert [Jewish Gen volunteers, 1945]. In dieser Zeit- phase wurde ihm von der Universität Wien ein auf den 24. Juni 1938 datiertes Abgangszeugnis („Absoluto- rium“) [Posch/Ingrisch/Dressel, 2008] ausgestellt; es dokumentierte seine bis dahin erbrachten Leistungen – aber eben auch die endgültige Ex- matrikulation [Universität Wien, Nationale von G. Hindels – zitiert nach Posch (2021)]. Hindels Eltern wurden derweil gezwungen, ihre Wohnung aufzugeben, und wurden mit anderen Juden im 2. Wiener Bezirk „angesiedelt“. Hindels Aussichten trübten sich in der Folgezeit weiter ein: Am 22./23. September 1938 wurde er von Dachau ins Konzentrationslager Buchenwald verbracht [Arolsen Ar- chives, 1939]. Hier erlebte er, dass die rohe Gewalt der KZ-Leiter und das Schüren von Ängsten zu einer weit- reichenden Entsolidarisierung auch der KZ-Insassen und zu „inhumanen“ Verhaltensweisen führten – eine Er- kenntnis, die sein weiteres Leben prägen sollte und die er noch 1994 als „Lebensweisheit“ ausgab: Hindels äußerte sich hierzu im Rahmen eines Buchprojekts der Sozialarbeiterin und Autorin Wendy Lustbader, die Senioren mit außergewöhnlichen Le- bensläufen nach deren Erkenntnissen befragte. Das Buch mit dem Titel „What’s Worth Knowing“ war konzi- piert als „a compilation of unforget- table first-person testimonials on love, truth, grief, faith“ [Lustbader, 2004]. Dort notierte er: „Take care of yourself, because no one else will. [...] when things go bad, the veneer of civilization goes in a hurry. People become worse than animals when they feel threatened. Someone you thought was a friend will turn against you. People are basically out for themselves [...] Good or bad, people are what they are, and there are times when you can’t count on anyone else to look out for you. It’s better all around if you never forget this“ [Lustbader, 2004]. Hindels hatte Glück im Unglück: Er entkam dem Konzentrationslager aufgrund der Tatsache, dass sein 1932 beantragtes Visum für die USA nach langer Wartezeit im Herbst 1938 genehmigt worden war und ein US-amerikanischer Freund zudem die erforderliche Bürgschaft des Aufnahmelandes ausgestellt hatte. Hindels Mutter ging mit besagtem Visum zur Gestapo in Wien und er- reichte tatsächlich, dass ihr Sohn am 14. April 1939 aus dem KZ entlassen wurde. Die Entlassung entwickelte sich allerdings zur Zitterpartie, da das KZ aufgrund einer dort grassie- renden Typhusepidemie zunächst einem Lockdown unterlag [USHMM Washington]. NACH DER FREILASSUNG GEHT ES NACH NEW YORK Nach seiner Freilassung kehrte Hin- dels nochmals kurzzeitig nach Wien zurück, um seine Emigration vorzu- bereiten. Zielpunkt war das Schiff SS Aquitania, das Ende April 1939 in Cherbourg/Frankreich ablegte und am 16. Mai in New York einlief. Hier kam er fürs Erste bei seiner Tante Augusta Bettelheim unter. Nachdem er in den USA Fuß gefasst hatte, organisierte er für seine in Wien verbliebenen Eltern eine Ausreise- möglichkeit, mit der er gleichsam in letzter Minute der bereits vorbereite- ten Deportation nach Polen zuvor- kam. Letztere kamen schlussendlich auf Umwegen im April 1941 in San Francisco an [USHMM Washington]. PROF. DR. DR. DR. DOMINIK GROß Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der RWTH Aachen Klinisches Ethik-Komitee des Universitätsklinikums Aachen MTI 2, Wendlingweg 2, 52074 Aachen dgross@ukaachen.de Foto: privat zm 111, Nr. 18, 16.9.2021, (1703) www.occlusense.com Digitale Okklusionsprüfung. Setzen auch Sie ab sofort auf das preisgekrönte OccluSense ® -System: • Erkennen Sie Frühkontakte bei okklusalen Anpassungen • Vermeiden Sie Malokklusion bei Suprakon- struktionen auf Implantaten • Verhindern Sie Kiefergelenkserkrankungen durch balancierte Kaudruckverteilung • Prüfen Sie die Funktionalität dynamischer Okklusion auf Schienen • Verbessern Sie die Kommunikation mit Ihren Patienten • 60µ dünne, flexible Einweg-Drucksensoren erfassen statische sowie dynamische Okklusion • Rote Farbschicht markiert zusätzlich die Kontaktpunkte auf den Zähnen • Datenübertragung an OccluSense ® -iPad- App per WLAN-Netzwerk 990,-€ UVP zzgl. MwSt www.occlusense-shop.de oder im Dentalfachhandel Dr. Jean Bausch GmbH & Co. KG Oskar-Schindler-Str. 4 | 50769 Köln Tel.: 0221-709360 | Fax: 0221-70936-66 info @ occlusense.com GESELLSCHAFT | 57
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